Noch 500 Tage bis zum 600-Jahr-Konzilsjubiläum in Konstanz

Weltereignis des Mittelalters

Die Geschichte und die Erinnerungsorte an das Konstanzer Konzil (1414 bis 1418) als einer der bedeutendsten Versammlungen des Mittelalters sind bis heute in der Bodenseestadt allgegenwärtig. Ab 2014 wird Konstanz zum 600-Jahr-Jubiläum an das Gastspiel der Weltkirche am Bodensee erinnern.

Autor/in:
Volker Hasenauer
 (DR)

Mit lautem Tuten legt das weiße Ausflugsschiff ab. Draußen gleiten Segelboote übers Wasser. Unter der von Peter Lenk geschaffenen Imperia-Statue am Konstanzer Hafen schlecken Kinder Schokoeiskugeln. Möwen schreien und verschwinden pfeilschnell über dem mittelalterlichen Konzilsgebäude. Gegen den blauen Nachmittagshimmel zeichnet sich markant der helle Turm des Münsters ab.



Wenige Schritte weiter wurde das historische Dominikanerkloster zum Luxushotel mit Privatstrand und Traumblick-Seeterrasse. Wer hier logieren will, muss tief in die Tasche greifen. Vor 600 Jahren wartete der Kirchenreformator Jan Hus im Klosterkerker auf seine Hinrichtung auf dem Scheiterhaufen.



"Das Aufeinandertreffen von Fürsten, Kardinälen und weltlichen Gesandten aus ganz Europa war ein Ereignis von Weltrang", sagt Ruth Bader, die das Jubiläum für die Stadt koordiniert. "Damals wurde in Konstanz Weltgeschichte geschrieben, mit Auswirkungen bis heute. Wir wollen Besucher einladen, sich daran zu erinnern und die Bezüge vom Mittelalter in die Gegenwart zu entdecken."



Fünf Jahre Konzil, fünf Feier-Jahre

Die Pläne sind ehrgeizig: Mindestens 100.000 Besucher soll die Auftaktausstellung mit Kunstschätzen aus dem Vatikan und dem Louvre anlocken. "Gemälde, Dokumente, Alltagsgegenstände - wir werden auf unterhaltsame und innovative Art die Leistungen des Konzils zeigen", so Kuratorin Karin Stober vom Badischen Landesmuseum.



Über die fünf Jubiläumsjahre verteilt, die je einem Hauptakteur des Konzils gewidmet sind - von König Sigismund über Jan Hus bis zur schönen Imperia - ist ein dichtes Programm angedacht. Auf dem Münsterplatz wird es Theaterfestspiele geben. Die Autoren Theresia Walser und Karl-Heinz Ott arbeiten an einem Stück, das die Bedeutung des Konzils für den intellektuellen, kulturellen und künstlerischen Austausch erlebbar machen soll.

   

"Zum Beispiel ist erst hier in Konstanz Dantes "Göttliche Komödie" ins Lateinische übersetzt worden - und erst damit hat ihr Siegeszug durch Europa begonnen", so Regine Weißinger vom Jubiläums-Projektteam. Natürlich soll es Stadtfeste mit Mittelaltermärkten und Ritterspielen geben. Wissenschaftliche Tagungen fragen nach Ablauf und Folgen der Kirchenversammlung. Am Hafen wird ein Lastenkran nach historischen Plänen gebaut.



Gedenken über die Ländergrenzen hinaus

In einer "Garküche" werden Mittelalterrezepte nachgekocht. "Zum Konzil kamen Speisen und Rezepte aus ganz Europa nach Konstanz. Besonders die italienischen Bäcker hatten mit ihren fahrbaren Öfen durchschlagenden Erfolg", erzählt Regine Weißinger. Das Gedenken soll zu einem Touristenmagnet werden.



Auch die Kirchen sind im Boot. "Im Münster ist eine Computer-Präsentation geplant, die zeigt, wie die Versammlungssitzungen abliefen", sagt der katholische Dekan Mathias Trennert-Helwig. Geplant sind zudem eine Sternpilgerfahrt, ökumenische Gottesdienste und ein Taize-Treffen. Und Trennert-Helwig ist gespannt, wie sich die Rückschau aufs Konzil als machtvolle Versammlung, die selbst den Papst absetzen konnte, auf die aktuellen Reformdebatten seiner Kirche auswirken wird. "Das Konstanzer Konzil hat damals die Kircheneinheit gerettet und wichtige Reformfragen angestoßen. Auch heute täten ein Konzil oder Synoden auf regionaler Ebene der Kirche gut."



Auch an Ländergrenzen macht das Konzilsjubiläum nicht halt. Schon jetzt bilden sich österreichische, deutsche und Schweizer Lehrer gemeinsam fort, um das Konzilsgedenken in den Unterricht zu bringen. "Auch für uns Tschechen ist das Jubiläum wichtig", sagt Libuse Rösch, die das Konstanzer Hus-Museum zur Erinnerung an den aus Böhmen stammenden Reformator leitet, dessen Verbrennung vor den Stadttoren bis heute als Schatten über dem Konzil liegt. Ein Gedenkstein und eine nach ihm benannte Straße erinnern an Hus, der seinen Glaubensüberzeugungen bis zum Tod treu blieb. Ihm wird 2015 als "Jahr der Gerechtigkeit" gewidmet.