Homo-Partnerschaften in den EU-Mitgliedstaaten

"Parmaschinken ist besser geschützt"

Die Debatte um eine volle Gleichstellung homosexueller Paare ebbt nicht ab. Jetzt hat sich Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger für ein volles Adoptionsrecht für Homo-Paare ausgesprochen. Die katholische Kirche fürchtet dagegen um die Aufweichung des besonderen Eheschutzes. In den 27 EU-Ländern sind die Regelungen von Homo-Ehen sehr unterschiedlich. Kritiker unken, regionale Produkte wie Parmaschinken würden in der EU besser geschützt.

Autor/in:
Nina Schmedding
 (DR)

Frank aus den Niederlanden und Pierre aus Frankreich sind verheiratet und leben zusammen in Amsterdam. Zögen sie nach Deutschland um, könnte ihre Liebe zum Problem werden: Die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren gibt es hier nicht - und insofern wird auch eine solche Ehe, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat geschlossen wurde, nicht anerkannt.



"Spaghetti können sich mit einer größeren Freiheit durch Europa bewegen als Paare", stellt die "ILGA Europa" fest, die internationale Lesben- und Schwulenvereinigung in Brüssel, die für eine EU-weite Anerkennung des zivilrechtlichen Status von Homosexuellen kämpft. Regionale Produkte wie italienischer Parmaschinken würden in der EU besser geschützt als die gleichgeschlechtliche Ehe.





Niederlande führte erstmals Homo-Ehe ein

Denn in den 27 EU-Mitgliedstaaten sind die Regelungen sehr unterschiedlich. In den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Belgien, Spanien und Portugal können Homosexuelle die Ehe schließen. Die Niederlande führte sie 2001 als erstes Land der Welt ein. Dänemark, Vorreiter in Sachen eingetragene Lebenspartnerschaft, die in dem skandinavischen Land bereits seit 1989 existiert, hat vor wenigen Wochen im Juni die gleichgeschlechtliche Ehe eingeführt. In diesem Fall heißt das sogar: nicht nur die zivilrechtliche sondern auch die kirchliche Heirat für Homosexuelle. Denn in Dänemark gilt auf nationaler Ebene das Staatskirchentum, das die lutherische Kirche in die Staatsverwaltung eingliedert und der Regierung unterstellt.

Dennoch können Geistliche homosexuelle Eheschließungen ablehnen.



Zehn weitere EU-Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, erlauben verschiedene Formen eingetragener Lebenspartnerschaft, die aber etwa bei Adoptionen, im Erb- oder Steuerrecht den Partnern nicht dieselben Rechte einräumt wie Eheleuten. Italien, Griechenland und viele osteuropäische Staaten wie etwa Polen und Litauen, erkennen gleichgeschlechtliche Partnerschaften gar nicht an. Erst kürzlich wurden diese beiden Länder von der EU-Kommission gerügt, weil dort bestimmte Gesetze Menschen wegen ihrer sexuellen Gesinnung diskriminierten - allerdings nicht, weil es dort keine Regelung für die Ehe zwischen Homosexuellen gibt.



EU: Nicht zuständig für nationale Familiengesetzgebung

"Die EU-Kommission kann keine Gesetze vorschlagen, die in die nationale Familiengesetzgebung der EU-Mitgliedstaaten eingreifen oder die Definition zum Wesen der Ehe verändern", stellt Natasha Bertaud, Sprecherin von EU-Justizkommissarin Viviane Reding fest. Diese Kompetenz besitze die EU nicht - und wolle sie auch gar nicht. Die Unterschiede seien gewachsen, tief verwurzelt in geschichtlichen, kulturellen und gesetzlichen Traditionen.



Die EU-Kommission kann also ihren Mitgliedstaaten die Einführung der homosexuellen Ehe nicht gesetzlich vorschreiben. Es gebe aber andere Wege, "das Leben von Bürgern zu erleichtern, die mit Diskriminierung wegen ihrer sexuellen Gesinnung zu kämpfen haben", erklärt Justiz-Kommissarin Viviane Reding - etwa im Rahmen des Gesetzes zur Freizügigkeit der EU-Bürger. So kündigte die Kommission an, Ende des Jahres einen Vorschlag zum Abbau von Bürokratie und zur Kostenreduzierung hinsichtlich des Verkehrs zivilrechtlicher Dokumente in EU-Mitgliedstaaten vorzulegen. Im Zuge dessen sei auch geplant, die wechselseitige Anerkennung des Zivilstands - wie etwa eine gleichgeschlechtliche Ehe - in Angriff zu nehmen. "Aber alles zu seiner Zeit", heißt es vorsichtig aus der Kommission.



EU-Lobbygruppen wie etwa die christliche Nichtregierungsorganisation "Care Europa" kritisieren, ein solcher Versuch Brüssels, die Heiratsurkunden wechselseitig anzuerkennen, könnte letztlich dazu führen, die homosexuelle Ehe in allen Mitgliedsländern zu fördern - egal ob diese wollen oder nicht. Und auch die katholische Kirche fürchtet um die Aufweichung des besonderen Eheschutzes. So rief Papst Benedikt XVI. im Juni beim Weltfamilientag in Mailand die Politik dazu auf, "die besondere Identität der Familie, die auf der Ehe gründet und für die Weitergabe von Leben offen ist, anzuerkennen".