Eine Annäherung an den Fuldaer Dom

300 Jahre bewegte Geschichte

In diesen Tagen wird er 300 Jahre alt: der Fuldaer Dom. Er gilt als ein Meisterwerk barocker Baukunst und ist das Wahrzeichen der Stadt. Vor allem aber auch beherbergt er das Grab des anno 754 gewaltsam vom Leben zum Tod beförderten heiligen Bonifatius.

Autor/in:
Gottfried Bohl
 (DR)

Das Schwert im Kopf. Gruselig. Aber doch irgendwie faszinierend. Vor allem für den kleinen Jungen, der anfangs mit den Eltern, später immer wieder mit der Schulklasse den Fuldaer Dom und das angrenzende Museum besucht. Die aus dem Besitz des Heiligen stammende Handschrift mit Stichspuren und das Reliquiar mit der Schädeldecke folgten direkt auf Platz zwei und drei der persönlichen Bonifatius-Hitliste.



Bis heute sind es immer noch vor allem diese Bilder, die sofort in den Sinn kommen beim Gedanken an die Kathedrale in der osthessischen Heimat. 744 hatte der englische Mönch Bonifatius seinen Schüler Sturmius mit der Gründung des Klosters Fulda beauftragt. Zugleich hatte er festgelegt, dort einmal begraben zu werden. Und schon bald nach seinem gewaltsamen Tod wurde das Bonifatiusgrab zum beliebten Wallfahrtsziel. Bereits zwischen 791 und 819 wurde die erste Klosterkirche durch die gewaltige Ratgar-Basilika ersetzt. Nach dem Vorbild des Petersdoms in Rom erbaut, war sie der größte Kirchenbau nördlich der Alpen. Doch Marodeure, Brände und Blitzeinschläge setzten dem Gotteshaus im Laufe der Jahrhunderte zu.



So kam der im Jahr 1700 gewählte Fuldaer Fürstabt Adalbert von Schleifras zu dem Schluss, dass Reparatur und Restaurierung der "sehr baufällige Hohe Stifts Kirchen" die schlechtere Alternative sei im Vergleich zu Teilabriss und Neubau. Auch wenn sein Baumeister Johann Dientzenhofer das zunächst anders sah, beugte er sich dann doch dem Willen seines Auftraggebers. Nach dem Teilabriss der Ratgar-Basilika 1704 baute Dientzenhofer über der Bonifatiusgruft den heutigen Dom. Dass dieser offiziell "St. Salvator" (Erlöser) heißt, ist übrigens kaum einem Fuldaer wirklich bewusst.



Bombenschäden im Zweiten Weltkrieg

Beim Neubau wurden zum Teil die Fundamente der Ratgar-Basilika genutzt. 1707 war der Rohbau fertig, am 14. August 1712 wurde das Gotteshaus geweiht. Seit Erhebung der Fürstabtei Fulda zum Bistum 1752 ist es Kathedrale. Das Bauwerk erlebte Höhen und Tiefen wie die Feierlichkeiten zum 1.000 Jahrestag der Klostergründung oder die Umwandlung in ein Gefangenenlager im Jahr 1806. Bald darauf entwickelte sich der Dom zum "Symbol eines bonifatianischen Katholizismus in Deutschland". Nicht von ungefähr entschieden sich die deutschen Bischöfe dafür, Fulda ab 1867 zum Ort jährlicher Zusammenkünfte zu machen.



Natürlich bietet aber auch diese besondere Ehre keinen wirksamen Schutz vor Rückschlägen. Dazu gehörten insbesondere die Folgen eines Feuerwerks zum 1150. Todestags des heiligen Bonifatius: Als ein Feuerwerkskörper im rechten Domturm vermutlich Dohlennester in Brand setzte, brannte der Turm völlig aus. Auch die Bombenschäden im Zweiten Weltkrieg waren erheblich, doch zum Glück nicht irreparabel.



Domglocken gegen deutsche Abtreibungspraxis

Besondere Höhepunkte in der jüngeren Geschichte des Doms waren unter anderem der Katholikentag 1954 mit rund 300.000 Besuchern, darunter Bundeskanzler Konrad Adenauer. Rappelvoll war es im November 1980, als Papst Johannes Paul II. nach Fulda kam, am Bonifatiusgrab betete und von Hunderttausenden bejubelt wurde.



Bejubelt, aber auch schon mal heftig beschimpft wurde wenig später Erzbischof Johannes Dyba, der von 1983 bis zu seinem Tod im Jahr 2000 Bischof von Fulda war. Mit seiner direkten und oft auch provozierenden Art brachte er die Barockstadt immer wieder in die Schlagzeilen, so auch, wenn er die Domglocken gegen die Abtreibungspraxis in Deutschland anläuten ließ.



Und heute? Nachdem der Dom jahrelang kaum einmal ohne größere Baugerüste zu sehen war, erstrahlt er seit einiger Zeit wieder in neuem Glanz. Nach wie vor treffen sich hier die deutschen Bischöfe zu ihrer Herbstvollversammlung. Wenn sie dann am Bonifatiusgrab vorbeiziehen und wenn beim Auszug aus dem Dom nach der Schlussandacht hunderte Fahnen wehen und "O heiliger Bonifatius" geschmettert wird - dann kommen echte Heimatgefühle auf.