Organspende-Skandal soll Folgen haben

Bahr ruft Krisengipfel ein

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) will in einem Spitzengespräch mit Ärzten und Vertretern von Krankenkassen und Krankenhäusern über Konsequenzen aus dem Organspendeskandal beraten. Das Treffen solle am 27. August stattfinden, kündigte Bahr am Freitag in Berlin an. Dabei erwarte er Vorschläge, wie künftig Manipulationen und andere Verstöße besser verhindert werden könnten.

 (DR)

An dem Krisengipfel teilnehmen sollen Vertreter des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV), der Deutschen Krankenhausgesellschaft, der Deutschen Stiftung Organtransplantation, der Stiftung Eurotransplant, der Deutschen Transplantationsgesellschaft, der Bundesärztekammer, der ständigen Kommission Organtransplantation sowie der Überwachungs- und Prüfungskommission bei der Bundesärztekammer



Unterdessen appellieren Vertreter von Politik und Gesellschaft an die Bereitschaft der Bevölkerung, weiter Organe zu spenden. Der Augsburger Weihbischof Anton Losinger sagte am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), er befürchte einen massiven Einbruch der Spendenbereitschaft. Es sei schlimm, dass es nun Misstrauen gegen das System gebe; Organspende sei ein wichtiges Instrument zur Rettung des Lebens von Menschen in schwierigen Situationen, so das Mitglied des Deutschen Ethikrates.



Im Mittelpunkt des Skandals steht ein früherer Oberarzt des Uniklinikums Göttingen. Er soll Krankenakten manipuliert haben, um bestimmten Patienten bevorzugt eine Spenderleber zu verschaffen. Insgesamt ermittelt die Staatsanwaltschaft in 23 Verdachtsfällen. Am Donnerstag wurden 23 weitere Fälle im Universitätsklinikum Regensburg bekannt, wo der Mediziner zuvor beschäftigt war.



Stärkere Überwachung

Der medizinische Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation, Günter Kirste, plädierte für eine stärkere Überwachung und zusätzliche Kontrollen. Es gebe dazu gute Regeln der Bundesärztekammer, sagte Kirste im Bayerischen Rundfunk. Diese müssten aber eingehalten werden.



Bundesärztekammerpräsident Frank Ulrich Montgomery forderte mehr Geld für zusätzliche Prüfer. Es brauche flächendeckende Kontrollen nach US-amerikanischem Vorbild, sagte er der "Welt" (Freitag). Bisher könnten Prüfer nur Einzelfällen nachgehen. "Dafür ist mehr Personal und mehr Geld nötig; darüber müssen wir sprechen", so Montgomery.



Zugleich sagte der Ärztevertreter, die bekanntgewordenen Manipulationen hätten nichts mit der Notwendigkeit zur Organspende zu tun. Es gebe weiter viele Patienten, die dringend auf eine Spende angewiesen seien.



Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Frank-Walter Steinmeier. Er forderte, die Verantwortlichen für den Skandal "mit aller Härte des Strafrechts" zur Rechenschaft zu ziehen. "Auch müssen wir prüfen, ob wir den in illegale Praxen verwickelten Transplantationszentren ihre Lizenzen ganz entziehen", sagte Steinmeier. Die Krankenhausaufsicht müsse das neue Transplantationsgesetz nutzen, um mögliche Kontrolldefizite zu beseitigen. - Steinmeier hatte im Sommer 2010 selbst seiner Frau eine Niere gespendet.