Wie sich ein Berliner Pfarrer für syrische Flüchtlinge engagiert

Rettungsanker einer Großfamilie

Kaum ein Tag vergeht ohne dramatische Nachrichten aus Syrien. Hunderttausende sind in dem Land und außerhalb seiner Grenzen auf der Flucht vor den kriegerischen Auseinandersetzungen. Auf ungewöhnliche Weise versuchen ein katholischer Berliner Pfarrer und seine Unterstützer, Flüchtlingen zu helfen.

Autor/in:
Benedikt Angermeier
Hilft: Pfarrer Ernst Pulsfort (KNA)
Hilft: Pfarrer Ernst Pulsfort / ( KNA )

Ernst Pulsfort muss Monat für Monat neu kalkulieren. Seit Ostern beschafft der Seelsorger der Sankt-Laurentius-Gemeinde in Berlin Tiergarten Geld für einen syrische Großfamilie, die es nach Kairo geschafft hat. "Eine Aufgabe für einen Manager", wie der 57-Jährige betont. Den Anstoß gab ein befreundeter syrischer Koch, der zeitweilig in Berlin lebte und ungenannt bleiben will. Er bat Pulsfort Anfang des Jahres um Hilfe für seine Familie, die es aus dem umkämpften Homs über Damaskus in die ägyptische Hauptstadt verschlug. Seitdem organisieren die beiden Männer deren tägliches Überleben, Pulsfort aus der deutschen Hauptstadt und sein Freund vor Ort aus Kairo.



"Familie, das heißt etwa 150 Leute", erklärt Pulsfort. Er listet auf: "Rund 600 Euro beträgt eine Monatsmiete; bei drei Wohnungen sind das etwa 1.800 Euro; plus Verpflegung für 150 Leute und Kosten für Bestechungen kommen etwa 3.000 Euro pro Monat zusammen. Und dann folgt garantiert der nächste Hammer." Damit meint der frühere geistliche Leiter der Katholischen Akademie in Berlin medizinische Kosten, die etwa für einen Nachbarsjungen anfallen. Die Flüchtlingsfamilie hatte ihn mitgenommen, als ihn ein Granatsplitter im Rücken gelähmt hatte.



"Für 15.000 Euro läuft der Junge nun wieder", freut sich Pulsfort. Per "Schneeballsystem" telefonierte er die Operationskosten zusammen. Der Priester beläßt es aber nicht nur auf Gottvertrauen, er will auch Belege sehen. "Jede Rechnung, die ich in der Hand halte, zeigt mir, was mit dem Geld geschieht. Und auch den Leuten, die es gegeben haben." Vor allem für Arztkosten und Medikamente kann er etwa befreundete Unternehmer immer wieder zu Spenden gewinnen. Das Vertrauen, dass das Geld nicht versickere, sondern tatsächlich helfe, sei dabei ein wesentlicher Punkt, betont Pulsfort.



Auf Spenden angewiesen

Trotz der Hilfe aus dem Ausland ist das Flüchtlingsdasein nur schwer erträglich, weiß der Pfarrer. "Die Familien schlafen in Schichten, und die Aggressionen steigen, weil alle eng aufeinander sitzen", hat er über seinen syrischen Freund erfahren. Die einzigste Beschäftigung ist der Fernseher: Er bringt rund um die Uhr die grausamen Nachrichten aus der Heimat. Doch selbst wenn eines Tages keine Granaten mehr fliegen und marodierende Gruppen durch die Straßen ziehen, weiß die Familie, dass alles, was sie zurückließ, zerstört ist.



Gleichzeitig kommen immer weitere Freunde und Angehörige der Familie in Kairo an. Wie lange sein privates Hilfsnetz noch hält, weiß Pulsfort nicht. "Im nächsten Monat muss ich an mein Sparbuch ran", sagt er. Er hofft nun auch auf die großen Hilfswerke, die ihr Engagement für syrische Flüchtlinge verstärken wollen, wie das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR). "Aber dafür muss zuerst ein Antrag ausgefüllt werden, das müssen die Flüchtlinge erst mal wissen."



Pulsforts syrischer Freund ist mittlerweile an der Grenze der Belastbarkeit angelangt. "Allein die Unterstützung aus Deutschland gibt ihm Auftrieb, das sagt er mir täglich am Telefon", betont der Pfarrer. Dies bestärkt ihn, weiter per Telefon, SMS und E-Mail "zu betteln".



Hinweis: Spenden erbittet Pulsfort unter dem Stichwort "Syrienflüchtlingshilfe" auf das Konto 6000967015 der Katholischen Kirchengemeinde Sankt Laurentius bei der Pax Bank Berlin (BLZ 37060193).