Bisher gibt es kein eigenes Gesetz

Das Problem mit der Sterbehilfe

In Deutschland gibt es kein eigenes Gesetz zur Sterbehilfe. Den rechtlichen Rahmen setzen das Strafgesetzbuch, das Bürgerliche Gesetzbuch und die Berufsordnung der Ärzte. Die Bundesregierung will nun einen neuen Paragrafen im Strafgesetzbuch schaffen, um die "gewerbsmäßige Vermittlung von Gelegenheiten zur Selbsttötung" zu verbieten, wie es im Koalitionsvertrag heißt. Gemeint sind damit Vereine, bei denen Menschen, die sterben wollen, gegen Geld Unterstützung dazu bekommen.

Autor/in:
Christina Neuhaus
 (DR)

Nach geltender Rechtslage ist in Deutschland die aktive Sterbehilfe verboten. Dieser Begriff umschreibt, dass jemand einen anderen auf dessen Verlangen hin tötet, beispielsweise mit einer Injektion bestimmter Medikamente. Dies kann als Tötung auf Verlangen angesehen werden, was mit mindestens sechs Monaten Gefängnis bestraft wird. Ist ein Gericht nicht davon überzeugt, dass wirklich eine klare Absicht zu sterben vorlag, ist eine Verurteilung wegen Totschlags oder Mordes möglich.



Zu unterscheiden ist von solchen Fällen die passive Sterbehilfe. Unter diesem Begriff wird das Unterlassen oder Beenden lebenserhaltender Maßnahmen gefasst, etwa das Abstellen von Beatmungsmaschinen oder der Verzicht auf Wiederbelebung. Auch hier ist wichtig, was der Betroffene will oder was seine Angehörigen für richtig halten. Wer im Einklang mit dem Willen des Betroffenen oder der Angehörigen handelt, macht sich nicht strafbar.



Für Klarheit kann eine Patientenverfügung sorgen, in der festgelegt ist, welche Maßnahmen jemand in welchem Krankheitszustand erhalten möchte oder ablehnt. Gibt es keine Patientenverfügung und ist der Betroffene nicht mehr in der Lage, eine Entscheidung zu treffen oder mitzuteilen, konsultieren die Ärzte die Angehörigen.



Die Mediziner haben sich für den Umgang mit Sterbenden selbst strenge Regeln gegeben. In ihrer Berufsordnung heißt es: "Ärztinnen und Ärzte haben Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und unter Achtung ihres Willens beizustehen. Es ist ihnen verboten, Patientinnen und Patienten auf deren Verlangen zu töten. Sie dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten."



Beihilfe zum Suizid ist erlaubt

Dagegen ist Nicht-Medizinern die Beihilfe zum Suizid grundsätzlich erlaubt. Dazu kann etwa zählen, einem Sterbewilligen eine tödliche Dosis von Medikamenten zu besorgen.



Doch was, wenn dies ein Verein oder ein Unternehmen übernimmt und sich dafür bezahlen lässt? Genau diese Fälle will Schwarz-Gelb jetzt regeln. Die gewerbsmäßige Sterbehilfe soll verboten werden. Aber der Referentenentwurf aus dem Bundesjustizministerium sorgt für Streit. Er sieht vor, dass enge Angehörige oder Freunde - auch wenn sie Ärzte sind - nicht dafür belangt werden können, wenn sie den Betroffenen dabei unterstützen, gewerbsmäßige Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen. Das Ministerium nennt als Beispiel, dass jemand einen Angehörigen oder Freund zu einem entsprechenden Verein fährt.



Die Union will aber eine schärfere Regelung. Auch aus der katholischen Kirche kommen Bedenken. Und die Ärzte warnen, dass die für sie geltenden klaren Regeln aufgeweicht werden könnten.



Dagegen ist für Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) nicht einmal der jetzt vorliegende Entwurf eine "Herzensangelegenheit", wie ihr Sprecher sagt. Vielmehr habe die Union auf einem neuen Gesetz bestanden, nachdem der frühere Hamburger Justizsenator Roger Kusch (CDU) einen Sterbehilfe-Verein gegründet und nach eigenen Angaben mehrere Menschen in den Suizid begleitet hatte. Auch stellten mehrere liberale Abgeordnete in der Vergangenheit klar, dass sie eine weitergehende Regelung ablehnen.



Die Ressortabstimmung über das Gesetz läuft noch. Anschließend folgt die Diskussion im Bundestag. Am Ende könnte eine deutlich andere Regelung als die jetzt vorgeschlagene stehen - sofern es überhaupt noch in dieser Legislaturperiode dazu kommt.