Dutroux' Ex-Frau Michelle Martin findet Unterschlupf im Kloster

Ordensfrauen treffen schwierige Entscheidung

Die Ex-Frau und Komplizin des belgischen Kinderschänders Marc Dutroux kommt auf Bewährung frei. Eine der Auflagen der Richter ist, dass sie in einem Kloster unterkommt. Gerüchte hierzu gab es schon länger, die nun gefällte Entscheidung ist dennoch überraschend.

Autor/in:
Nina Schmedding
 (DR)

Schön und friedlich sieht das Kloster der Klarissen in Malonne nahe der belgischen Stadt Namur auf Fotos im Internet aus. Idyllisch gelegen im bewaldeten Tal, strahlt es Ruhe, Entspannung und Urlaubsatmosphäre aus. Größer könnte der Gegensatz zu dem Verlies, in das Kinderschänder Marc Dutroux seine Opfer pferchte, indem er sie missbrauchte und schließlich ermordete, kaum sein. Dessen sind sich auch die Ordensfrauen in Malonne bewusst. "Die Opfer und ihre Familien sind durch die Hölle gegangen", schreibt Äbtissin Christine in einem Kommunique, das am Dienstag nach der Verhandlung um die vorzeitige Entlassung von Dutroux" Komplizin und Ex-Frau Michelle Martin verlesen wurde.



Das Gericht in Mons entschied, Martin wegen guter Führung auf Bewährung und unter Auflagen vorzeitig freizulassen. Im August 1996 war sie gemeinsam mit Dutroux verhaftet und 2004 zu 30 Jahren Haft verurteilt worden. Inzwischen hat sie 16 Jahre ihrer Haftzeit abgesessen. Das Urteil gegen sie erging, weil sie zwei junge Mädchen in einem Kellerversteck verhungern ließ. Dutroux wurde 2004 im gleichen Prozess zu lebenslanger Haft verurteilt. Für ihn ist eine vorzeitige Haftentlassung ausgeschlossen.



Eine der Auflagen des Gerichts für Martin ist, dass sie bei den Klarissen in Malonne Unterschlupf findet. Für die Ordenfrauen sei Martins Bitte um Aufnahme in das Kloster eine "Herausforderung gewesen, aufgewühlt wie wir waren durch den furchtbaren Schmerz der Opfer und ihrer Familien", schreibt die Äbtissin. Sie hätten das Anliegen mit einer großen Offenheit untereinander diskutiert. Letztlich sei es darum gegangen, wie man den Glauben, das Anliegen Martins und die Qualen der Opfer vereinbaren könne. Man habe beschlossen, beide Leiden anzunehmen.



Entsetzte Familien der Opfer

Eine überraschende Entscheidung - denn noch in der vergangenen Woche hatte das Kloster in Malonne laut der Tageszeitung "De Standaard" betont, es handele sich bei Martins Anfrage um "Gerüchte, die immer mal wieder in Umlauf seien". Zudem galt als unwahrscheinlich, dass das Gericht dem Kloster in Namur als Unterkunft zustimmen würde, da das Gelände zu nah an den Wohnorten der Dutroux-Opfer liege.



In dem nun ergangenen Urteil heißt es, man habe sich für Malonne entschieden, weil es nicht in den Provinzen Lüttich und Luxemburg liege - und daher weit genug von den Regionen entfernt, aus denen die Opfer stammen. Die Familien der missbrauchten Mädchen zeigten sich laut Medienberichten entsetzt über die Entscheidung des Gerichts. Das sei ein "Donnerschlag" für die Angehörigen, zumal Namur nur etwa 60 bis 70 Kilometer vom Wohnort mindestens einer der betroffenen Familien entfernt sei. Der Generalstaatsanwalt hat nun 24 Stunden Zeit, um gegen die Entscheidung aus Mons in Revision zu gehen.



Es war bereits das fünfte Mal, dass Michelle Martin die belgische Justiz um vorzeitige Entlassung wegen guter Führung ersucht hatte. Zuletzt war dies im September 2011 mit der Begründung abgelehnt worden, das Wiedereingliederungskonzept sei nicht präzise genug. Bereits damals hatte Martin den Plan geäußert, sich in ein französisches Kloster begeben zu wollen. Angehörige der Opfer sowie die französischen Behörden erhoben Einspruch - und auch das französische Kloster verweigerte, anders als nun das belgische, die Aufnahme.