Wirtschaftskrise treibt junge Spanier zur Auswanderung

Adios Spanien

Die wirtschaftliche Zukunft Spaniens sieht düster aus. Mittlerweile ist jeder zweite Spanier unter 30 Jahren ohne Job. Die hohe Arbeitslosigkeit und die nicht enden wollende Wirtschaftskrise treiben immer mehr junge Spanier ins Ausland.

Autor/in:
Manuel Meyer
Spanien: Jugend ohne Arbeit / © Imagenatural
Spanien: Jugend ohne Arbeit / © Imagenatural

Juan Luis Jaranillo will nicht länger warten. Seit über zwei Jahren sucht der 26-jährige Informatiker aus dem südspanischen Jaen verzweifelt eine Anstellung. "Vor der Krise hatte man in meiner Branche keine Probleme, einen Job zu finden. Doch heute gibt es kaum noch Angebote", sagt Jaranillo frustriert dem spanischen Radiosender Cadena Ser. Er möchte nach London auswandern, sein Englisch verbessern und dort einen Job finden. Er ist zuversichtlich: "In England suchen Firmen noch dringend Informatiker wie mich. Die Situation auf dem spanischen Arbeitsmarkt ist gerade für uns junge Akademiker äußerst schlecht."



Das belegen auch die offiziellen Zahlen: Spanien verzeichnet in der EU mit rund 25 Prozent die höchste Arbeitslosenquote überhaupt.

Unter den Jugendlichen ist die Lage noch schlechter.  Nach Angaben des Nationalen Statistikinstituts haben im ersten Halbjahr 2012 mehr als 40.000 Spanier auf der Suche nach Arbeit das Land verlassen - im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg von 44 Prozent. Bei der großen Mehrheit der Auswanderer handelt es sich um Akademiker zwischen 25 und 45 Jahren, die in Spanien keine Arbeit fanden.



Eine der Arbeitsmigranten ist Clara San Millan aus Salamanca. Im Februar packte die 27-jährige Architektin ihre Sachen und zog nach Kopenhagen. Sie verdient rund 2.000 Euro und hat einen Festvertrag. "Davon kann man in Spanien nur träumen. Wenn man dort derzeit als Architekt überhaupt einen Job bekommt, dann nur als Praktikant auf Zeit und für sehr wenig oder gar kein Geld", sagt sie der Zeitung "El Pais". Wie sie suchen immer mehr junge Spanier ihr Glück im europäischen Ausland oder in Lateinamerika.



Tägliche Proteste

Unterdessen protestieren die Menschen fast täglich gegen die vergangene Woche verabschiedeten Sparmaßnahmen der Regierung, mit denen Ministerpräsident Mariano Rajoy die Staatsverschuldung bekämpfen will. Mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer, Kürzungen des Arbeitslosengeldes und der Streichung des Weihnachtsgeldes für Angestellte im öffentlichen Dienst will die Regierung 65 Milliarden Euro einsparen. "Mit diesem Plan wird die Regierung jedoch nicht Spanien retten, sondern eine Massenverarmung der Mittelschicht erreichen", rechtfertigte CCOO-Gewerkschaftsführer Ignacio Fernandez Toxo vergangene Woche die Ausrufung der ersten Großdemo.



Hunderttausende Rentner, Ärzte, Feuerwehrleute, Arbeitslose, Studenten und Bürger aller Berufsstände protestierten landesweit in

80 Städten gegen das Sparpaket. Es trifft die gesamte Bevölkerung. "Die Regierung soll mir mal erklären, wie ich ans Monatsende kommen soll, wenn alles teurer wird und man mir von meinem geringen Gehalt von 1.500 Euro im Monat auch noch das Weihnachtsgeld kürzt", empört sich Jaime Gonzalez, Familienvater und Feuerwehrmann aus Madrid.



Das neue Sparpaket ist bereits das vierte innerhalb eines halben Jahres. Zuvor nahm Rajoy eine harte Arbeitsmarktreform vor, um Entlassungen zu vereinfachen, und kürzte zehn Milliarden Euro im Gesundheits- und Bildungsbereich. "Ich weiß, dass diese Maßnahmen nicht angenehm sind, aber sie sind unverzichtbar", so der Regierungschef. Gerade erst ist ein 100 Milliarden Euro schweres EU-Hilfspaket für Spaniens Banken beschlossen, da fordern auch Regionen wie Valencia oder Katalonien Finanzspritzen aus dem staatlichen Liquiditätsfonds, um ihre Schulden begleichen zu können.



Unterdessen erwägen Gewerkschaftsführer, erneut zu einem landesweiten Generalstreik aufzurufen. Es wäre der zweite gegen die Regierung Rajoy, die erst seit Mitte Dezember im Amt ist.