Fraktionen scheinen sich einig zu sein, aber Kritik wächst

Resolution zur Beschneidung

Am Donnerstag soll der Bundestag auf Initiative von Unionsfraktionschef Volker Kauder eine Resolution für Rechtssicherheit bei religiös motivierten Beschneidungen verabschieden. FDP, SPD und Grüne haben prinzipiell die Bereitschaft signalisiert, einem fraktionsübergreifenden Antrag zuzustimmen. Nun mehren sich die kritischen Stimmen.

Religiös motivierte Beschneidung: Religionsfreiheit vor Recht auf Unversehrtheit? (dapd)
Religiös motivierte Beschneidung: Religionsfreiheit vor Recht auf Unversehrtheit? / ( dapd )

Die Sprecher der Laizisten in der SPD, Oliver Lösch und Nils Opitz-Leifheit, warnten am Dienstag in Berlin vor einer "Schnellschuss-Politik" und forderten, "bei diesem höchst sensiblen und ethisch wie juristisch höchst komplexen Thema", alle Argumente sauber abzuwägen und Vertreter der unterschiedlichen Positionen angemessen einzubeziehen.



Merkel hatte nach Medienberichten am Montag im CDU-Bundesvorstand erklärt, sie wolle nicht, dass Deutschland das einzige Land auf der Welt sei, in dem Juden nicht ihre Riten ausüben könnten.



So befürwortete der kirchenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Josef Winkler, den Vorstoß: "Die Rechtsunsicherheit sollte nicht länger bestehen bleiben," sagte er. Auch der religionspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Stefan Ruppert, hält eine gesetzliche Klarstellung für eine sinnvolle Option. Deren Ausgestaltung müsse sorgsam bedacht werden, ergänzte er. Anders sieht es der Religions-Experte der Linksfraktion, Raju Sharma: "Ich finde, mit einer schnellen Resolution wird man dem Thema nicht gerecht."



Mit Blick auf eine Abstimmung am Donnerstag appellierten die Kinder- und Jugendärzte an die Abgeordneten, sich der Verantwortung für das Kindeswohl bewusst zu sein. Für die Politik scheine der Rechtsfrieden mehr zu zählen als das persönliche Trauma des Kindes aufgrund lebenslanger körperlicher und seelischer Verletzungen, kritisierte der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) in Köln, der Beschneidungen als Körperverletzung wertet. Bei der aktuellen Debatte müsse das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit geachtet werden und an erster Stelle stehen. Derzeit nehme die Debatte über die rituelle Beschneidung "fundamentalistische Züge" an.



Knobloch lobt Merkel

Unterdessen begrüßte die Vizepräsidentin des Jüdischen Weltkongresses, Charlotte Knobloch, den Vorstoß von Bundeskanzlerin Angela Merkel gegen ein Beschneidungsverbot. Knobloch forderte, die von der Bundesregierung angekündigte Regelung zügig umzusetzen und für Rechtssicherheit zu sorgen. Jüdische Menschen müssten "ihre Religion so leben können, wie sie verstehen, nicht wie andere es gerne hätten", schreibt Knobloch in einem Beitrag für das in Bielefeld erscheinende "Westfalen-Blatt" (Mittwochsausgabe).



Um die Zulässigkeit der Beschneidung aus religiösen Motiven zu regeln, sind derzeit verschiedene konkrete Vorschläge im Gespräch.

Gefordert wird etwa ein entsprechenden Zusatz im Sorgerecht oder im Patientenrechtegesetz. Auch ein eigenenes Gesetz zur Beschneidung wäre möglich.



Der Staatsrechtler Hans Michael Heinig schlug darüber hinaus vor, das Gesetz über die religiöse Kindererziehung um eine Regelung zur Beschneidung zu erweitern. Eine solche Ergänzung schaffe Rechtssicherheit und ermögliche den Eltern, über die religiöse Beheimatung ihrer Kinder zu entscheiden, sagte der Leiter des Kirchenrechtlichen Institutes der Evangelischen Kirche in Deutschland dem Evangelischen Pressedienst (epd). Heinig forderte vom Gesetzgeber, möglichst schnell eine gesetzliche Klarstellung zu verabschieden.



Schröder nennt Bedingungen

Unterdessen nannte Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) Bedingungen, unter denen eine Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen künftig zulässig sein soll. Schröder betonte, eine verantwortungsvolle rituelle Beschneidung müsse in Deutschland weiter möglich sein. "Aber ich sage auch ganz deutlich: Die Rechte der Kinder stehen hier nicht hinten an", sagte die CDU-Politikerin am Dienstag in Berlin. Zu den Bedingungen gehöre die Betäubung ebenso wie die Frage, ob die Beschneidungen nur unter Aufsicht eines Arztes beziehungsweise durch einen Arzt vorgenommen werden dürfen, erklärte die Ministerin. Auch müsse die Genitalverstümmelung an Mädchen ausgeschlossen sein.



Das Kölner Landgericht hatte die Beschneidung eines vierjährigen muslimischen Jungen als Körperverletzung gewertet. Bei Vertretern von Juden und Muslimen, aber auch bei den Kirchen war dieses Urteil auf scharfe Kritik gestoßen. Bei dem Fall war es zu medizinischen Komplikationen gekommen und der Junge musste in ein Krankenhaus eingewiesen werden.