Bluttest zum Down-Syndrom bleibt heftig umstritten

Kommt ein Verbot?

Der Bluttest auf Down-Syndrom "PraenaTest" ist nach einem Rechtsgutachten unzulässig. Nach der am Donnerstag in Berlin vorgestellten Studie des Bonner Rechtswissenschaftlers Klaus Ferdinand Gärditz verstößt der Test gegen das Diskriminierungsverbot im Grundgesetz sowie das Gendiagnostikgesetz. Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe, rief die zuständigen Landesbehörden auf, die Markteinführung zu untersagen. Kritik kam auch aus der katholischen Kirche.

 (DR)

Dagegen verteidigte der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, den Bluttest. "Unsere Gesellschaft hat sich für Pränatal-Diagnostik entschieden. Das Rad lässt sich nicht mehr zurückdrehen", sagte er der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Donnerstag). "Daher ist es besser, diesen Bluttest anzuwenden, als eine mit Risiken behaftete Fruchtwasseruntersuchung vorzunehmen." Den Bluttest sieht Montgomery nicht als Kern des Problems. Es stehe nicht eine neue Diagnose-Methode zur Diskussion, "sondern es geht um die Pränatal-Diagnostik und ihre Konsequenzen insgesamt".



Das Konstanzer Unternehmen "LifeCodexx" hatte den vorgeburtlichen Bluttest für Juli angekündigt. Er soll laut Firma mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ein Down-Syndrom beim Kind aus mütterlichem Blut nachweisen.



Laut Gutachten ist "PraenaTest" allerdings ein nicht verkehrsfähiges Medizinprodukt, "da es die Sicherheit und Gesundheit der Ungeborenen gezielt gefährdet". Gärditz verwies auf strafrechtliche Folgen für unzulässige vorgeburtliche Untersuchungen. Auch dürfe die gesetzliche Krankenkasse den Test nicht finanzieren.



"Selektion von Menschen mit Down-Syndrom"

Hüppe sagte: "Der Test dient weder medizinischen noch therapeutischen Zwecken." Nach dem Gendiagnostikgesetz müssten aber gerade diese Zwecke für eine zulässige vorgeburtliche Untersuchung vorliegen. Das Down-Syndrom sei aber "weder therapierbar, noch heilbar". Es gehe beim Bluttest fast ausschließlich um die "Selektion von Menschen mit Down-Syndrom". Der Test diskriminiere "Menschen mit Down-Syndrom in der schlimmsten Form, nämlich in ihrem Recht auf Leben".



Bereits heute werde bei einer entsprechenden Diagnose in über 90 Prozent aller Fälle abgetrieben, so der Behindertenbeauftragte weiter. Er warnte davor, dass "die Rasterfahndung nach Menschen mit Down-Syndrom" mit dem neuen Test "noch verstärkt wird".



Zudem gaukle der Test eine risikoärmere Methode zur vorgeburtlichen Diagnostik vor. Selbst der Berufsverband niedergelassener Pränataldiagnostiker gehe aber davon aus, dass invasive Methoden wie die Fruchtwasseruntersuchung mit dem Bluttest nicht überflüssig würden. "Gleichzeitig steigt der Druck auf Frauen, den angeblich risikoärmeren Test durchführen zu lassen und bereits bei auffälligem Befund abzutreiben", mahnte Hüppe. "Frauen, die ein Kind mit Down-Syndrom austragen, werden sich zukünftig noch mehr rechtfertigen müssen."



"Turboeffekt in der pränatalen Diagnostik"

Nach Ansicht der Bundesgeschäftsführerin der Bundesvereinigung Lebenshilfe, Jeanne Nicklas-Faust, würde eine Einführung auch der UN-Behindertenrechtskonvention widersprechen. Der Berliner Schauspieler mit Down-Syndrom, Sebastian Urbanski, übte scharfe Kritik an der geplanten Einführung des Produkts. Es zeige, "dass wir Außenseiter bleiben". Urbanski wörtlich: "Wir sind aber verdammt nochmal alle Menschen, auch wir!"



Auch der Augsburger Weihbischof Anton Losinger warnte vor den Folgen des Bluttests: Das Verfahren werde "einen Turboeffekt in der pränatalen Diagnostik auslösen", sagte das Mitglied im Nationalen Ethikrat dem "Münchner Kirchenradio". Bald werde man "zu den Kosten eines USB-Sticks sämtliche Chromosomen screenen können", erläuterte Losinger. Dadurch erhöhe sich die Lebensgefahr für ungeborene Kinder mit genetischen Defekten. Der Paderborner Moraltheologe Peter Schallenberg sagte dem Kölner Domradio, der Test sei "ein weiterer Schritt auf die Selektion zu". Es werde erneut der Eindruck erweckt, "wir hätten die Möglichkeit perfektes menschliches Leben herzustellen".