Bundesregierung stärkt Rechte unverheirateter Väter

Gut für das Kind?

Väter ohne Trauschein hatten bisher das Nachsehen, wenn die Mutter ein gemeinsames Sorgerecht ablehnte. Die Regierung will das nun ändern - auch auf Druck zweiter Gerichtsentscheide. Doch es gibt Kritik.

 (DR)

Künftig sollen unverheiratete Väter leichter ein gemeinsames Sorgerecht erhalten können, auch ohne Zustimmung der Mutter. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch einen entsprechenden Gesetzentwurf. Demnach kann der Vater mit einem Antrag beim Familiengericht einfach und schnell die Mitsorge beantragen, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht.



Bisher hatten Väter ohne Trauschein keine Möglichkeit, das gemeinsame Sorgerecht gegen den Willen der Mutter durchzusetzen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sah in der deutschen Regelung einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Das Bundesverfassungsgericht sah die Grundrechte verletzt.



Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte zu dem Entwurf, in den vergangenen Jahren hätten sich die Formen des Zusammenlebens rasant geändert. Der Anteil der nichtehelich geborenen Kinder habe sich von 15 Prozent im Jahr 1995 auf rund 33 Prozent im Jahr 2010 mehr als verdoppelt. Daher sei ein modernes Sorgerecht nötig, das die Interessen aller Beteiligten berücksichtige.



Grundsätzlich bleibt das Sorgerecht bei unverheirateten Eltern weiterhin bei der Mutter. Erklärt sich diese nicht von selbst mit dem gemeinsamen Sorgerecht einverstanden, hat ein Vater künftig mehrere Möglichkeiten: Er kann zunächst zum Jugendamt gehen, um doch noch mit der Mutter einig zu werden. Anderenfalls kann er jederzeit das Familiengericht anrufen.



Auf eine Anhörung von Jugendamt und Eltern wird verzichtet

Die Mutter kann im gerichtlichen Verfahren eine Stellungnahme abgeben, die Frist dafür endet frühestens sechs Wochen nach der Geburt. In einem beschleunigten Verfahren wird dann entschieden. Auf eine Anhörung von Jugendamt und Eltern wird dabei verzichtet.



Von der Mutter vorgetragene Gründe wie der, sie habe nur eine kurze Beziehung mit dem Vater gehabt und wolle keinen Kontakt mehr haben, sollen nach Angaben Leutheusser-Schnarrenbergers nicht als Widerspruch zum Kindeswohl gelten. Der Entwurf geht dabei davon aus, dass es in vielen Auseinandersetzungen um das Sorgerecht weniger um das Wohl des Kindes, sondern vielmehr "eine nachgeholte Beziehungsauseinandersetzung" geht.



Die SPD-Vizefraktionsvorsitzende Christine Lambrecht kritisierte, der Entwurf ändere nichts am "Schwarzer-Peter-Spiel zwischen Mutter und Vater". Sie zwinge den Kindsvater, einen Antrag auf gemeinsame Sorge zu stellen, und die Kindsmutter, binnen sechs Wochen Gründe dagegen zu benennen. Das sei unmittelbar nach der Geburt eines Kindes unzumutbar, sagte Lambrecht. Noch problematischer sei, dass ohne diese Stellungnahme das Familiengericht allein entscheide.



Der Deutsche Anwaltsverein sagte, der Entwurf bleibe hinter den Erwartungen zurück. Das vereinfachte Verfahren ohne Anhörung von Jugendamt und Eltern sei nicht akzeptabel, sagte DAV-Familienrechtsexperte Wolfgang Schwackenberg. Gerichte würden so zur reinen "Verwaltungsbehörde". Der Anwaltsverein plädiert für ein automatisches gemeinsames Sorgerecht beider Elternteile unabhängig davon, ob sie verheiratet sind oder nicht. Dieses solle ohne Verfahren gelten, sobald die Vaterschaft festgestellt oder anerkannt wurde.



Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) erklärte, wenn Eltern keine gemeinsame Sorgeerklärung abgeben, seien oft Konflikte der Grund. Ausgerechnet hier folge der Gesetzgeber dem Leitbild, dass die gemeinsame Sorge immer das Beste für das Kind wäre. Intensive Konflikte seien aber ein Risiko für das Kindeswohl. Zudem könne eine Auseinandersetzung vor Gericht einen Streit noch vertiefen.