Ein Kommentar zur Entstehung einer Weltbild-Stiftung

Verantwortung übernehmen

Der Weltbild-Konzern wird nicht wie ursprünglich von den Gesellschaftern angekündigt verkauft, sondern in eine neu zu gründende kirchliche Stiftung eingebracht. Die Stiftung wird alleiniger Gesellschafter der Verlagsgruppe Weltbild sein. Die Gesellschafter verzichten dabei auf Verkaufserlöse und zukünftige Gewinnausschüttungen. Ein gute Lösung, meint domradio.de-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen.

Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen / © Boecker
Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen / © Boecker

"Wenn man denkt es geht nichts mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her!", weiß der Volksmund. Ganz so einfach wird sich diese frohgemute Verheißung nicht auf die Causa Weltbild übertragen lassen, aber im Buch des äußerst erfolgreichen katholischen Verlagshauses wird mit der jetzt beschlossenen Überführung in eine kirchliche Stiftung öffentlichen Rechts ein weiteres neues Kapitel aufgeschlagen. Der Verkauf, den die Bischöfe beschlossen hatten, ist damit vom Tisch. Vor gut einem halben Jahr waren die Gesellschafter, zwölf katholische Bistümer, der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) und die Katholische Soldatenseelsorge Berlin, mächtig unter Druck geraten. Damals erreichte die Kampagne um vermeintlich "Teuflisches" im großen Sortiment des Online-Buchhandels ihren Höhepunkt, und es gab nicht wenige Bischöfe, die so schnell wie möglich raus wollten aus der erotischen Schmuddelecke, in die sie von einigen ach so scheinheiligen Medienvertretern gedrängt wurden. Scheinheilig deshalb, weil jeder, der die Welt des Internets nur ein wenig kennt, weiß, dass Himmel und Hölle in der schönen neuen digitalen Welt oft nur einen einzigen Klick voneinander entfernt sind. Die überhastete Verkaufsankündigung verschaffte den getriebenen Oberhirten ein wenig Luft. Eine Atempause, die sie klug genutzt haben, um neben der beschlossenen Verkaufsoption auch weitere Optionen sorgfältig zu prüfen. Die Gründung einer kirchlichen Stiftung steht also jetzt für die Gesellschafter des Konzerns an, der mit einem Jahresumsatz von 1,6 Milliarden Euro und mehr als drei Millionen Kunden zu den ganz großen im europäischen Mediengeschäft zählt. Natürlich werden die Kritiker auch jetzt lautstark Zeter und Mordio schreien: "Bischöfe - auf Euch ist kein Verlass mehr - Euer Ja ist kein Ja - Euer Nein kein Nein mehr! Anstatt die Händler aus dem Tempel zu vertreiben, duldet ihr Esoterik und Porno in den Vorhallen Eures Heiligtums! Die vom Papst geforderte Entweltlichung, liebe Bischöfe, sieht aber anders aus!"



Recht hätten diese selbsternannten Moralapostel, wenn die Erde eine Scheibe und das Leben so einfach wäre. Wer im realen irdischen Leben überleben will, der darf keine Angst vor der harten Arbeit im Weinberg des Herrn haben. War da nicht einer, der sich schon vor 2000 Jahren mit Sündern und Prassern an einen Tisch setzte? Der die Steineschmeißer, die der Ehebrecherin nicht verzeihen wollten, nach Hause schickte und der Ehebrecherin sagte, sie solle fortan nicht wieder sündigen?



Der Maßstab

Die Weltbild-Bischöfe ziehen sich mit dem jetzt beschlossenen Schritt nicht zurück hinter ihre Kirchenmauern und jammern über die ach so böse Welt. Nein, sie übernehmen in der Welt Verantwortung - für ihre "Firma" und ihre Mitarbeiter. Aber auch für die über drei Millionen Kunden in der Datenbank. Denn wäre die Welt durch den Verkauf von Weltbild an irgendeinen Großinvestor wirklich über Nacht auch nur um einen Jota besser geworden? Durch die Überführung in eine kirchliche Stiftung besteht die gute Chance, auch zukünftig Verantwortung wahrzunehmen und das Unternehmen nach wirtschaftlichen und christlichen Wertvorstellungen in die richtige Richtung zu steuern. Steuermänner, die ihr Schiff in schwierigem Fahrwasser alleine lassen und in die Rettungsboote flüchten, taugen wenig für den Aufbau des Reiches Gottes hier auf Erden.



Der große Gegenspieler in Gütersloh zeigt mit seiner Bertelsmann-Stiftung schon seit Jahren, wie man eigene Interessen und gesellschaftliche Belange gut unter einen Hut bringen kann. Warum sollte es der katholischen Kirche mit ihrer neuen Weltbild-Stiftung nicht auch gelingen, die katholische Fahne in dieser Welt hoch zu halten? Wenn es gilt, dass in der heutigen Informationsgesellschaft die Medien eine Schlüsselrolle einnehmen, dann kann es so falsch nicht sein, wenn man eine Firma, die über erstklassiges unternehmerisches Medienwissen verfügt, im eigenen Einflussbereich hält. Wer die oft desolate kirchliche Medienarbeit vor Augen hat, kann dies gar nicht anders sehen. Und wenn es gilt, dass gerade das Internet in Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnt, dann ist es bestimmt nicht verkehrt, den katholischen Primus im Internet mit all seinem Knowhow in der Welt des World Wide Web zukünftig besser als bisher für die Verbreitung der Frohen Botschaft zu nutzen. Das aber wird der Maßstab sein, an dem sich die neue Weltbild-Stiftung in Zukunft messen lassen muss.