Bildungsniveau steigt bei weiter hohem Sozialgefälle

Getrübte Freude

Der Bildungsbericht 2012 bescheinigt dem Bildungswesen in Deutschland eine positive Entwicklung. Wie der Frankfurter Bildungsforscher und Mitautor Horst Weishaupt am Freitag in Berlin erläuterte, steigt das Bildungsniveau weiter an. Allerdings bleibt auch das soziale Gefälle bei der Bildung weiter hoch.

 (DR)

Die Zahl der Abiturienten wächst demnach, die der Schulabbrecher geht zurück, das Schulsystem ist flexibler und durchlässiger für höhere Schulabschlüsse. Der Anteil der Schulabbrecher sank von 2008 bis 2010 von acht auf 6,5 Prozent. Von den Schulabsolventen hat mittlerweile die Hälfte die Hochschulreife. Zudem gehört der Kita-Besuch für Drei bis Sechsjährige inzwischen zur Regel.



Allerdings sieht der Bericht weiterhin große Herausforderungen: Trotz positiver Tendenz wachsen immer noch 29 Prozent der Minderjährigen mit mindestens einer der drei "Risikolagen" bildungsfernes Elternhaus, Einkommen unter der Armutsgrenze oder Arbeitslosigkeit beider Elternteile auf. Gegenüber 2006 sei der Anteil lediglich um drei Prozent zurückgegangen. Auch der Bildungsabstand von Migranten bleibt den Angaben zufolge hoch. Gleiches gelte für den Anteil an Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf.



Der Bericht mahnt, den Ausbau von Kita-Plätzen für Unter-Dreijährige zu beschleunigen, um dem ab 2013 gültigen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz gerecht zu werden. Mitautor Weishaupt bedauerte zugleich die Vorabberichterstattung über eine angebliche Kritik der Wissenschaftler am Betreuungsgeld. Es sei keine Frage des Bildungsberichts, ob Betreuungsgeld sinnvoll sei.



Unterstützung von Schülern mit Migrationshintergrund

Der Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD), sprach von einer "guten Nachricht". Die Länder seien auf dem richtigen Weg. Als wichtige Herausforderung nannte er die Unterstützung von Schülern mit Migrationshintergrund. Ihr Anteil nimmt stetig zu: Unter den 24-Jährigen sind es 23 Prozent, unter den Einjährigen bereits 35 Prozent.



Auch die Staatssekretärin im Bildungsministerium, Cornelia Quennet-Thielen nannte die Sprachförderung als wichtige Aufgabe. Ferner hob sie die Verbesserung der Lehrerbildung hervor. Laut Bericht sind knapp die Hälfte der Lehrkräfte über 50 Jahre alt.



Die Studie beklagt, dass das Potenzial von Ganztagsschulen zu wenig ausgeschöpft werde. Die Länder schafften vor allem offene Angebote. Über die Hälfte aller Schulen haben inzwischen solche Angebote, allerdings nähmen sie nur 28 Prozent der Schüler wahr.



Die Erhebung verzeichnet einen rasanten Anstieg freier Bildungsträger seit 1998: Die Zahl privater Grundschulen stieg um über 150 Prozent, die der allgemeinbildenden Schulen um 53 Prozent. Die Zahl der Hochschulen verdoppelte sich. Inzwischen besuchen rund acht Prozent aller Schüler und Studierenden private Einrichtungen.



Die Bestandsaufnahme unabhängiger Experten erscheint seit 2006 alle zwei Jahre. Sie wird unter Federführung des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) erstellt und vom Staat gefördert. Der Bericht widmete sich diesmal besonders der kulturellen Bildung.