Misereor kritisiert Bundeskanzlerin für ihr Fernbleiben von Rio+20

"Frau Merkel setzt ein Zeichen"

Die Weltgemeinschaft berät über neue Ziele im Umweltschutz – ohne Angela Merkel, die ihre Teilnahme kurzfristig abgesagt hat. Für Benjamin Luig vom katholischen Hilfswerk ein "sehr enttäuschendes" Signal. Im domradio.de-Interview erklärt er, warum er von dem UN-Gipfel ohnehin nicht viel erwartet.

 (DR)

domradio.de: Sie betonen die Bedeutung des Parallelgipfels "Peopels Summit" zum Gegengipfels Rio+20. Nach ihrer Ansicht wird der offizielle Rio+20-Gipfel kaum klaren und zu verbindlichen Ergebnissen führen. Warum nicht?

Luig: Das Problem ist, so scheint es: Viele Staaten, die jetzt in Rio verhandeln, nicht zu Eingeständnissen bereit sind. Konzessionsentscheidungen, die notwendig sind, um zu einer Entwicklung zu kommen, die ökologisch  nachhaltiger und sozial gerechter ist.



domradio.de: Was erwarten sie vom Parallelgipfel "Peoples Summit", zu dem ja 50.000 Aktivisten erwartet werden?

Luig: In erster Linie geht es darum, ganz klare Forderungen an den offiziellen Rio+20-Gipfel zu stellen: Druck zu machen auf die Staaten, dass sie zu mutigen Entscheidungen kommen. Zum anderen geht es aber auch darum, eigene Alternativen und Strategien für eine nachhaltige Entwicklung zu entwickeln.



domradio.de: Welche Rolle spielt es denn, dass Bundeskanzlerin Merkel zwar zum G20-Gipfel gereist ist, aber nicht vorhat, den Gipfel Rio+20 zu besuchen?

Luig: Aus unserer Sicht ist das extrem enttäuschend. Sie zeigt damit, dass es ihr wichtiger ist, im kleinen Kreis der mächtigen Staaten hinter größtenteils verschlossenen Türen über global wichtige Dinge zu reden, als im gesamten Kreis der Vereinten Nationen über Fragen der ökologischen Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit zu diskutieren. Vor Rio+20 - 20 Jahre nach dem Erdgipfel von 1992 - ist es ganz deutlich, dass eine ökologische Krise gibt und dass es auch nach wie vor der Armut weltweit gibt. Und Frau Merkel setzt das Zeichen, dass ihr kurzfristig-machtpolitische Optionen wichtiger sind, als sich als deutsche Kanzlerin für globale Nachhaltigkeit einzusetzen.



Das Gespräch führte Monika Weiß - hören Sie es hier in voller Länge nach.