Katholische Krankenhäuser sehen sich selber gut positioniert im deutschen Gesundheitsmarkt

Marktanteil gehalten

Der private Gesundheitskonzern Fresenius will den Konkurrenten Rhön-Klinikum übernehmen, ein entsprechendes Angebot läuft zurzeit. Mit Folgen für die katholischen Krankenhäuser? Die verweisen selbstbewusst auf gute Zahlen und kündigen an, auch künftig auf Zusammenschlüsse und Fusionen setzen zu wollen.

 (DR)

Der Vorsitzende des Katholischen Krankenhausverbandes Deutschland (KKVD), der Osnabrücker Generalvikar Theo Paul, im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur:



KNA: Herr Generalvikar, mit der Übernahme des Rhön-Klinikums durch den Konkurrenten Fresenius (Helios) könnte Europas größter Krankenhauskonzern entstehen. Was bedeutet der Trend zu solchen Großeinheiten für die kirchlichen Krankenhäuser?

Paul: Schon seit Jahren gibt es Konzentrationsprozesse auch im katholischen Krankenhausbereich. Viele erfolgreiche Verbundmodelle haben gezeigt, dass die kirchlichen Krankenhäuser die Zeichen der Zeit erkannt und situationsgerecht reagiert haben. Gute Beispiele sind etwa die Barmherzigen Brüder in Trier, das Matthias-Spital in Rheine, die Nils-Stensen-Kliniken in Osnabrück, die Marienhausstiftung Waldbreitbach, der Regionalverband kirchlicher Krankenhäuser in Freiburg, die Franziskus-Stiftung in Münster oder die Alexianer in Münster.



KNA: Sind solche Zusammenschlüsse alternativlos?

Paul: Krankenhäuser haben in den vergangenen Jahren durch Prozessoptimierungen und das Ausschöpfen von Synergieeffekten Einsparungen erzielt. Nichtsdestotrotz sind diese Effekte begrenzt, und auf Dauer kann ein einzelnes Krankenhaus nicht bestehen, ohne Kooperationen einzugehen. Kein Krankenhaus, unabhängig von seiner Trägerschaft, wird in Zukunft bedingungslosen Bestandsschutz genießen können. Es wird noch mehr Zusammenschlüsse und Fusionen geben. Bereits mehr als 70 Prozent der kirchlichen Kliniken sind Teil von Verbünden mit zwei oder mehr Einrichtungen. Regionale Verbundstrukturen werden sich insgesamt eher noch vergrößern. Nur so haben sie eine Zukunftsperspektive.



KNA: Wo sehen Sie die kirchlichen Krankenhäuser angesichts dieser Entwicklung in zehn Jahren?

Paul: In den letzten Jahren konnten die konfessionellen Krankenhäuser ihren Marktanteil halten, obwohl der Anteil der privaten Träger zugenommen hat. Viele konfessionelle Krankenhäuser betreiben auch Einrichtungen für Kurzzeitpflege, Altenpflege und Behinderteneinrichtungen sowie Pflegedienste. Es hat sich gezeigt, dass es viele Vorteile bietet, die Patienten rundum gut zu versorgen und auch nach einem Krankenhausaufenthalt weiter zu begleiten. Es geht um die Vernetzung der verschiedensten Dienste.



KNA: Dazu gehört sicher auch ein inhaltliches Profil. Wie könnte das aussehen?

Paul: Menschen in Notsituationen bedürfen unserer besonderen Fürsorge. Dafür stehen die katholischen Krankenhäuser in Deutschland. Indem sie diesen Auftrag erfüllen, können sie sich über ihre Werte profilieren. Aber auch in Bezug auf das angebotene Leistungsspektrum: Es ist die Mischung aus Spitzenmedizin und menschlicher Fürsorge, die kirchliche Krankenhäuser auszeichnen sollte. Deren Umsetzung ist in einer Zeit, in der der Kostendruck deutlich zunimmt, eine täglich neue gestalterische Herausforderung.



KNA: Was bedeutet die Übernahme Fresenius/Rhön für das Gesundheitswesen in Deutschland? Kritiker sprechen von einem Überhandnehmen kapitalgesteuerter Interessen...

Paul: Es gab schon immer eine Trägervielfalt im deutschen Gesundheitswesen. Trägerpluralität bringt auch einen Qualitätswettbewerb mit sich, der durchaus sinnvoll für den Krankenhaussektor sein kann. Der Katholische Krankenhausverband Deutschland spricht sich für eine offene Qualitätsdebatte aus und engagiert sich in der Weiterentwicklung von Qualitätsindikatoren. Aus diesem Grund wird der Verband im Juli den Verein "Qualitätsindikatoren kirchlicher Krankenhäuser" mitgründen. Von dieser Entwicklung profitieren die Patienten, die den Zugang zu transparenten Daten erhalten und auf dieser Basis eine Entscheidung treffen können, wo sie sich behandeln lassen wollen.



KNA: Auch kirchliche Krankenhäuser kooperieren mittlerweile mit den großen privaten Unternehmen. Ende vergangenen Jahres wurde die Übernahme des Katholischen Klinikums Duisburg durch die Helios Kliniken Gruppe gebilligt. Ist das für Sie ein Weg mit Zukunft?

Paul: Jedes Krankenhaus muss im Einzelnen betrachtet und geprüft werden, welche Lösung für die jeweilige Situation die geeignetste ist. Dies hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Dabei spielen die regionale Situation, die finanziellen Rahmenbedingungen und insbesondere die Investitionskraft eine entscheidende Rolle. Der KKVD setzt sich gemeinsam mit dem Deutschen Evangelischen Krankenhausverband dafür ein, dass die konfessionellen Krankenhäuser auf verlässliche Rahmenbedingungen vertrauen und somit auch notwendige Investitionen tätigen können, um Standorte wie beispielsweise Duisburg in Zukunft halten zu können.



KNA: Wie lassen sich bei solchen Übernahmen oder Kooperationen kirchliche Werte und Ethik bewahren? Sind Seelsorge und christliche Werte gesichert?

Paul: Katholische Krankenhäuser verstehen sich als Teil der verfassten Kirche. Die Sorge um die Kranken können wir nicht zur Disposition stellen. Damit würden wir einen zentralen Auftrag Jesu verleugnen. Es kann nur unsere Frage sein, wie wir heute in den veränderten Rahmenbedingungen den kranken und hilfsbedürftigen Menschen nahe sein können. Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips muss der jeweilige Träger eine Antwort finden. Im Fall des katholischen Klinikums Duisburg hat sich das Bistum entschieden, als Gesellschafter Verantwortung zu übernehmen, die christlichen Werte im Direktorium zu vertreten und in die operative Unternehmensführung einzubringen. Hierfür wurde eigens eine Stelle geschaffen, die durch einen Mitarbeiter des Bistums Essen besetzt wurde.



KNA: Wie geht ein solches Unternehmen mit ethischen Streitfragen wie Abtreibung, PID oder Sterbehilfe um?

Paul: Hier wurden bereits im Vorfeld Absprachen getroffen, die vertraglich vereinbart wurden. Diese gewährleisten, dass die katholischen Werte nicht verletzt werden. Es werden also beispielsweise keine Abtreibungen vorgenommen. Im Einzelfall werden die Gesellschafter Streitfragen diskutieren müssen, um einvernehmliche Lösungen zu erzielen. Dabei werden sie selbstverständlich die bereits seit Jahren in den Kliniken etablierten Ethikkomitees zu Rate ziehen.



Das Gespräch führte Christoph Arens.