Rassismus im Fußball und der Kampf dagegen

"Nicht nur ein Problem der EM"

Die erste Vorgruppen-Runde der Fußball-EM in der Ukraine und Polen ist vorüber. Ein Negativthema bislang: Anfeindungen von sogenannten Fans gegenüber dunkelhäutigen Spielern. DJK-Sportpfarrer Hans-Gerd Schütt verurteilt die Angriffe - und erklärt im domradio.de-Interview, wie er in Deutschland Initiativen gegen Fremdenfeindlichkeit unterstützt.

 (DR)

domradio.de: Die EM ist doch eigentlich für alle ein freudiges Ereignis - wieso kommt es trotzdem zu rassistischen Übergriffen?

Schütt: Ich befürchte, dass man es leider nicht verhindern kann. Fußball ist eine Volkssportart, mit der sie viele Schichten der Bevölkerung ansprechen - auch den rechten Bodensatz. Und für diese Menschen sind Großereignisse wie die Europameisterschaft natürlich eine hervorragende Bühne, ihre fremdenfeindlichen Gedanken öffentlich werden zu lassen.



domradio.de: Dunkelhäutige Spieler werden verhöhn, für Spieler und Verantwortliche eine unangenehme Situation. Aber wie sehen das denn die Fans?

Schütt: Die meisten Fans lehnen das ab. Im Grunde genommen möchten die Menschen Freude haben und ihre Mannschaft unterstützen, fühlen sich als Gemeinschaft, die ein Stück weit aus dem Alltag herausgehoben wird. Mit Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus hat das erst mal gar nichts zu tun.



domradio.de: Jetzt nehmen wir mal an, ich bin als normaler Fan im Stadion oder beim Public Viewing und kriege solche Anfeindungen mit. Was kann ich in so einer Situation tun?

Schütt: Das ganze Stadion sollte ein Pfeifkonzert veranstalten und so seinen Missmut zum Ausdruck bringen. Das wäre eine Möglichkeit. Wenn Sie alleine neben Extremen stehen, sollten Sie aber nicht den Helden spielen. Das Problem ist ja nicht nur eines der Europameisterschaft. Es ist ein Problem auch der Fußballbundesliga und der unteren Ligen - wo es noch schlimmer werden kann. Deshalb ist es ganz wichtig, schon in der Erziehung von Kindern und Jugendlichen das Problem anzupacken: In den Vereinen muss sofort dagegen gesteuert werden, notfalls auch mit Disziplinarstrafen.



domradio.de: Der Deutsche Fußballbund verleiht jedes Jahr deshalb den Julius-Hirsch-Preis. Sie sitzen im Kuratorium. Worum genau geht es hier?

Schütt: Der Preis ist nach Julius Hirsch benannt, der Uwe Seeler der 1920er und 30er Jahre. Ein Fußballer und großes Vorbild für viele Menschen. Er war Jude und wurde deshalb als 50-Jähriger aus seinem Verein ausgeschlossen, und "durfte" dann noch kurze Zeit für die Stadt arbeiten, ehe er nach Ausschwitz deportiert und dort ermordet wurde. Der Preis wurde eingerichtet, um Einrichtungen, Fan-Initiativen und Vereine in ihrem Kampf gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Rechtsextremismus, Antisemitismus und Gewalt zu unterstützen. Initiativen, die nicht nur darüber reden dagegen zu sein, sondern auch sehr viel tun. Und es gibt sehr viele Initiativen.



Das Gespräch führte Dagmar Peters.