Untersuchungen wegen Christenmorden in der Türkei

Ex-General unter Verdacht

In der Türkei läuft seit fast fünf Jahren ein Gerichtsverfahren gegen die Ermordung von drei protestantischen Christen im April 2007. Nun kommt eine neue Wende in den Fall: Die Staatsanwaltschaft hat einen prominenten, früheren ranghohen Militär ins Visier genommen.

Mor Gabriel gilt als eines der ältesten christlichen Klöster der Welt  (DR)
Mor Gabriel gilt als eines der ältesten christlichen Klöster der Welt / ( DR )

Der ehemalige General Hursit Tolon werde als Hauptverdächtiger angeklagt, berichtete die Zeitung "Today"s Zaman" am Montag (11.06.2012). Unter den Opfern im ostanatolischen Malatya war der deutsche Missionar Tillman Geske. Tolon sitzt derzeit wegen seiner mutmaßlichen Rolle im rechtsgerichteten Geheimbund Ergenekon in Untersuchungshaft.



In Malatya läuft seit November 2007 das Gerichtsverfahren gegen die mutmaßlichen Christenmörder, die laut Anklage von rechtsradikalen Kreisen im Staatsapparat aufgestachelt wurden. Im Jahr 2009 tauchte ein angeblicher Geheimplan von Ergenekon auf, in dem Mordkomplotte gegen Christen zur Destabilisierung der Erdogan-Regierung in Ankara beschrieben wurden. In diesem Geheimplan wurden die Christenmorde von Malatya als "Operation" bezeichnet.



Nun reichten Medienberichten zufolge die Staatsanwälte in Malatya eine zusätzliche Anklageschrift ein, die den Mord an den Christen als Werk von Ergenekon einstuft; das Verfahren soll am 18. Juni fortgesetzt werden. Laut der Istanbuler Staatsanwaltschaft plante Ergenekon diverse Terroraktionen, um das gesellschaftliche Klima für einen Militärputsch gegen Regierungschef Recep Tayyip Erdogan zu schaffen.



Weitere Christenmorde sind möglich

Der Journalist und Buchautor Adem Yavuz Arslan sagte "Today"s Zaman", die Christenmorde von Malatya seien Teil eines "größeren Plans" zur Destabilisierung des Landes gewesen. Zwischen 2003 und 2007 habe es mehr als hundert Angriffe auf Christen in der Türkei gegeben, darunter der Mordanschlag auf den italienischen Priester Andrea Santoro im Jahr 2006 und die Ermordung des armenischstämmigen Journalisten Hrant Dink im Januar 2007. Nach dem Beginn der Ergenekon-Ermittlungen im Jahr 2007 und der Verhaftung der mutmaßlichen Anführer des Geheimbundes sei die Zahl der Übergriffe stark zurückgegangen.



Dennoch gebe es nach wie vor Leute im Staatsapparat, die wie in Malatya junge Extremisten zu Gewalttaten anstacheln könnten, sagte Arslan. Wenn der Fall Ergenekon nicht gründlich aufgearbeitet werde, "dann könnten wir weitere Morde an Christen erleben".