Erzbischof Zollitsch zu den Folgen von Vatileaks

Tragödie mit Imageschaden

Für Erzbischof Robert Zollitsch ist die Vatileaks-Affäre um gestohlene Dokumente aus dem Vatikan eine "Tragödie". Es sei schmerzlich, dass "abgesehen von kriminellen Machenschaften" hier das Vertrauen des Papstes "auf schlimmste Weise missbraucht" werde, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in einem "Focus"-Interview.

 (DR)

"Ebenso schmerzlich ist der immense Imageschaden, der der Kirche als ganzer mit dieser Art der Indiskretion zugefügt worden ist", so Zollitsch in dem Gespräch. Auch für die katholische Kirche in Deutschland befürchtet der Erzbischof einen "Ansehensverlust". Papst Benedikt tue ihm leid. Er werde "durch die Affäre ungewollt in den Schmutz gezogen". Der Freiburger Erzbischof sorgt sich außerdem darum, "dass der Papst jetzt sehr bewegt wird von der Frage: Wem kann ich noch vertrauen?"



Zu Gerüchten, der Papst könne womöglich zurücktreten, sagte Zollitsch: "Rücktrittsspekulationen sind, was sie sind:

Spekulationen und völlig überflüssig. Dieser Papst steht zu seinem Amt und seiner Verpflichtung, die er gegenüber Gott und der Kirche übernommen hat." Auch den Verdacht, dass es in der römischen Kurie Maulwürfe geben könne, bezeichnete Zollitsch als reine Spekulation: "Jetzt muss aufgeklärt werden. Und zwar rasch."



Rückhalt für Bertone

In dem Interview verteidigte Zollitsch den in die Kritik geratenen Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone: Dass Vatileaks mit diesem zusammenhänge, sei "völlig aus der Luft gegriffen". Der Papst habe mit ihm auch "nicht den falschen Mann für das Amt gewählt". Der Freiburger Erzbischof ist "fest überzeugt, dass gerade Kardinal Bertone alles daran setzen wird, Vatileaks aufzuklären und den Schaden so gut wie möglich zu begrenzen".



Seit Jahresbeginn waren mehrere als geheim eingestufte Vorgänge aus dem Vatikan in TV-Sendungen und Zeitungen publik geworden; der Vorgang machte als Vatileaks Schlagzeilen. Zuletzt erschien vor gut einer Woche ein Buch des TV-Journalisten Gianluigi Nuzzi mit neuen Enthüllungen und Faksimile zahlreicher Dokumente. Kurz darauf wurde der 46-jährige Kammerdiener des Papstes, Paolo Gabriele, wegen des Verdachts auf Diebstahl vertraulicher Dokumente verhaftet.