Museumsdirektor Kasper König vor dem Ruhestand

"Ich muss ein Frontmann sein"

Er zählt zu den besten Ausstellungsmachern in Deutschland. Im Alter von 23 Jahren kuratierte Kasper König Claes Oldenburg, mit 68 Jahren geht der Direktor des Kölner Museum Ludwig in den Ruhestand. Unter Königs Riege stieg das Haus am Dom zu einem der bundesweit wichtigsten Museen für moderne Kunst auf.

 (DR)

dapd: Als Sie als Museumsdirektor vor zwölf Jahren angetreten sind, starteten Sie mit der Ausstellung "Museum unserer Wünsche". Wie viele Werke haben Sie seitdem erworben?

König: Rund 2.000 Inventarnummern.



dapd: In Zeiten knapper Kassen ist das nicht wenig. Wie haben Sie das geschafft?

König: Man muss immer selbst initiativ werden. Wir bekommen im Jahr 500.000 Euro über die Ludwig Stiftung. Wenn das Geld angewiesen ist, ist die Stadt bereit, die Hälfte drauf zulegen. Wenn wir noch mal den Betrag selbst anwerben, legt die Stadtkämmerin noch mal die Hälfte drauf. In der Regel haben wir einen Ankaufsetat von 1,5 Millionen Euro jährlich.



dapd: Sind Sie mehr Kaufmann oder Kurator und Museumsdirektor?

König: Für die Finanzen hat man in der Regel eine Verwaltung. Aber grundsätzlich nimmt das Finanzielle ein Drittel meiner Zeit ein. Darüber hinaus muss ich präsent sein. Es geht nicht immer direkt um Geld. Ich muss ein Frontmann sein, Netzwerke knüpfen. Man muss strategisch vorgehen.



dapd: Nach welchen Kriterien haben Sie die Werke ausgesucht?

König: Jede Sammlung braucht etwas, was es woanders nicht gibt. Ein Museum darf nicht austauschbar sein. Wir haben 15, 16 Werke im Haus, nach denen Besucher fragen, wenn wir sie lange nicht gezeigt haben. Viele fragen mich: Warum wollen Sie das Bild? Das ist doch hässlich. Dann antworte ich: Ich hänge es mir ja nicht über das Sofa im Wohnzimmer. Hässlichkeit kann ein Qualitätsurteil sein. Ein Kunstwerk muss eine Herausforderung darstellen.



dapd: Gibt es ein Gemälde, hinter dem Sie erfolglos hinterher waren?

König: Das ist ein Bild des Italieners Giorgio de Chirico. Bei dem Gemälde hatte ich mir viele Hoffnungen gemacht. Das Stilleben mit Hering gehörte dem Museum of Modern Art in New York. Es war nicht so teuer. Es sollte für 3,5 Millionen Mark verkauft werden. Damals ist es mir leider nicht gelungen, die Gelder zusammen zu bekommen. Dieses Gemälde erklärt Max Ernst, von dem sich wichtige Werke in unserer Sammlung befinden.



dapd: Wie sah das Museum Ludwig aus, als Sie angetreten sind?

König: Die Museen waren viele Jahre in Köln vernachlässigt worden. Das Museum wurde durch die Ausgliederung des Wallraf-Richartz-Museums größer. Innerhalb von anderthalb Jahren haben viele Künstler wieder das Haus besucht. Das Museum war wieder ein Ort, der wichtig war für die Produzenten, Künstler selber. Das war ein ermutigender Einstieg.



dapd: Wo steht das Museum jetzt?

König: Das Museum steht mit großer Selbstverständlichkeit im Konzert mit Museen wie der Tate Gallery in London oder dem Stedelijk Museum in Amsterdam. Es hat eine unglaubliche Sammlung. Und einen großartigen Standort. Direkt neben dem Kölner Dom und am Hauptbahnhof. Ein Drittel unser Besucher kommt mittlerweile aus Belgien, Niederlande oder Nordfrankreich. Bei einer Ausstellung zu Edward Hopper 2004 hatten wir 370.000 Besucher in drei Monaten.



dapd: Was wäre denn ohne reiche Spender gewesen?

König: Es heißt zurecht Ludwig. Ohne diese unglaubliche Schenkung der Mäzene Ludwig wäre es undenkbar gewesen. Ein Jahr nach meinem Antritt haben wir von Irene Ludwig 774 Picassos geschenkt bekommen. Nach dem Picasso-Museum in Paris und dem Museum of Modern Art in New York haben wir die drittgrößte Sammlung. Pop-Art, Picasso und russische Avantgarde - Das sind drei Erkennungsmelodien, die weltweit einmalig sind.



dapd: Sie sind Autodidakt. Ist ein Quereinstieg, wie Sie ihn hingelegt haben, heute noch möglich?

König: Für mich waren Museen immer sehr wichtig. Ich bin aber nicht in einem Museum sozialisiert worden. Ich bin eine Mischung aus Professionalität und Autodidakt. Ich habe mich auch mal als Amateur bezeichnet. Denn ich kann mich auch darüber definieren, was ich nicht gemacht habe und welchen Trends ich nicht hinterher gelaufen bin.



dapd: Warum sind Sie eigentlich so lange am Museum Ludwig geblieben?

König: Ich bin in gewisser Weise ein Auslaufmodell. Jetzt brauchen wir einen Generationenwechsel. Mein Nachfolger Philipp Kaiser und die jungen Kollegen im Haus sind eine gute Voraussetzung dafür.



dapd: "Ein Wunsch bleibt immer übrig" ist die letzte von ihnen kuratierte Ausstellung im Museum Ludwig. Was machen Sie anschließend?

König: Ich habe mehrere Angebote für Lehraufträge in Amerika. Ich habe mich aber noch nicht entschieden, welches ich annehme. Ich werde weiterhin in diesem Bereich arbeiten und Ausstellungen kuratieren. Das habe ich vorher ja auch gemacht.



Das Interview führte Fabian Wahl.