Charles Taylor muss lebenslang in Haft

Warlord ohne Reue

Charles Taylor galt in den 90er Jahren als einer der brutalsten Warlords Afrikas. Er war Rebellenchef und Präsident von Liberia. Nun soll der 64-Jährige für den Rest seines Lebens in ein britisches Gefängnis.

Autor/in:
Annette Birschel
 (DR)

Charles Taylor, der ehemalige Staatspräsident von Liberia, soll für den Rest seines Lebens hinter Gitter. 50 Jahre Haft lautet die Strafe, die das Sondergericht zu Sierra Leone am Mittwoch in Leidschendam bei Den Haag dem 64 Jahre alten Taylor auferlegte. "Das Gericht verurteilt Sie einstimmig zu einer Gefängnisstrafe von 50 Jahren", sagte der Vorsitzende Richter Richard Lussek, nachdem er Taylor aufgefordert hatte, sich zu erheben.



"Abscheulichste und brutalste Verbrechen in der Geschichte"

Ein letztes Mal stand er da wie ein Staatsmann, gekleidet im feinen dunkelblauen Zwirn, ein gelber Schlips über dem blütenweißen Hemd. Seine Strafe bekam er für einige der "abscheulichsten und brutalsten Verbrechen in der Geschichte", wie der Richter formulierte. Taylor ist das erste ehemalige Staatsoberhaupt, das seit der Verurteilung des Hitler-Nachfolgers Karl Dönitz 1946 in Nürnberg von einem internationalen Gericht wegen Kriegsverbrechen bestraft wurde.



38 Minuten dauerte die Verlesung des Strafmaßes. Richter Lussek listete mit fast monotoner Stimme die Gräueltaten im Konflikt in Sierra Leone von 1991 bis 2001 auf, in dem mindestens 120.000 Menschen getötet wurden: Männern und Frauen wurden Arme wurden abgehackt, Mädchen vergewaltigt, Kinder zu Mördern gemacht. Der Richter verwies auf das entsetzliche, lebenslange Leiden der Opfer. Dafür brauchte er keine dramatischen Worte.



Am Beispiel einer Zeugin brachte er das Ausmaß des Terrors und die unvorstellbare Grausamkeit zum Schluss des Prozesses im kahlen Gerichtssaal in Erinnerung: Eine Frau, die einen Sack mit abgehackten Köpfen schleppen musste. Die Rebellen zwangen sie, dabei zu lachen. Dann öffneten sie den Sack, und sie sah die Köpfe ihrer Kinder.



Finaler Auftritt als Staatsmann wurde Taylor nicht gestattet

Taylor hörte zu, äußerlich unbewegt, den Mund fast missmutig verzogen. Diesmal war ihm kein Auftritt als Staatsmann gegönnt. Noch vor zwei Wochen hatte er sich in seinem Schlusswort als Friedensstifter gepriesen. Damit machte der Richter kurzen Prozess: "Taylor übernahm weder Verantwortung für die Verbrechen noch zeigte er Reue." Für ihn gibt es keine mildernden Umstände, die die Verteidigung geltend machen wollte. Denn während er sich öffentlich bei den internationalen Friedensverhandlungen zu Sierra Leone engagierte, "schürte er gleichzeitig im Verborgenen den Konflikt", wie das Gericht betonte.



Der ehemalige Präsident hatte die Rebellen in Sierra Leone mit Waffen, logistischer Hilfe und Telefonen versorgt und sie moralisch unterstützt. Er sorgte nicht für Frieden, sondern verlängerte den Konflikt. Und dafür habe er sich mit Diamanten bezahlen lassen, sagte Richter Lussek, und man spürte fast seinen Abscheu. "Taylor hat persönlich vom Terror und der Zerstörung profitiert."



80 Jahre Gefängnis, wie es die Chefanklägerin Brenda Hollis gefordert hatte, schienen dem Gericht zu hoch. Schließlich hatte sie nicht bewiesen, dass Taylor die Verbrechen befohlen hatte. Dennoch verhängten die drei Richter faktisch eine lebenslange Haftstrafe. Gerade weil Taylor als Staatsoberhaupt eine besondere Vorbildrolle und Verantwortung hatte. Er habe dieses Amt verraten, sagten sie.



Der Prozess war 2008 aus Sicherheitsgründen in die Niederlande verlegt worden, seine Strafe muss Taylor nun in einem britischen Gefängnis verbüßen. Auch wenn seine Verteidiger erwägen, Berufung einzulegen, wird der einstige Warlord sein Leben wohl fernab seiner Heimat hinter Gittern beschließen.