Alliierte starteten vor 70 Jahren den "1.000-Bomber-Angriff"

"Unser schönes altes liebes Köln"

Die Nacht zum 31. Mai 1942 übertraf alles bisher dagewesene: Mehr als 1.000 Flugzeuge waren am Vorabend in England gestartet, um kurz nach Mitternacht 549 Tonnen Sprengbomben und 929 Tonnen Brandbomben über dem alten Köln abzuwerfen. Es war der bisher größte Luftangriff des Zweiten Weltkrieges. In dieser Nacht zerstörten die alliierten Flieger eine Fläche von 250 Hektar, die Hälfte davon im Stadtzentrum und in der historischen Altstadt.

Autor/in:
Klaus Schlupp
 (DR)

"Ein großer Sieg über eine große Stadt", heißt es im Bericht des britischen Bomber-Kommandos. Die Erinnerung des damals 14-jährigen Kölners Toni Maschner, der zur Widerstandsgruppe der "Edelweißpiraten" gehörte, ist eine andere: "Die ganze Stadt roch süß, richtig nach Menschenfleisch." 486 Tote und rund 5.000 Verletzte forderte der erste Angriff dieser Dimension auf eine deutsche Stadt. 59.100 Menschen waren obdachlos.



Der Bombenkrieg hatte in Köln bereits im Mai 1940 begonnen. Die ersten sporadischen Treffer zogen noch Schaulustige an. Ziele waren in dieser Zeit Industrie- und Militäranlagen. 1941 wurden die Angriffe heftiger. Und am 13. März 1942 warfen 175 Bomber ihre tödliche Fracht auf die Stadt ab und zerstörten Teile der Innenstadt.



Neue Dimension

Dann kam der 31. Mai 1942. Mit ihm "brach eine neue Dimension des Luftkriegs über Köln herein", schreibt der Historiker Gerhard Aders.

Durch Flächenbombardements sollte die Moral der Bevölkerung entscheidend geschwächt werden. Der legendäre Luftwaffengeneral Arthur T. Harris, genannt "Bomber-Harris", bekam mit Anweisung zum Flächenbombardement freie Hand zum Angriff auch auf Wohngebiete. Es dauerte lange, bis der deutschen Führung die Strategie klar war. In ersten Schätzungen ging man von 80 feindlichen Fliegern aus, weil die Radarstellungen zu wenig Flugzeuge erfassen konnten. Erst aus dem Ausmaß der Schäden erkannte man, was wirklich passiert war.



"Unser schönes altes liebes Köln. Die Tränen kamen mir, als ich es sah", berichtet Zeitzeugin Anna Schmitz. Zahlreiche historische Bauten und die romanischen Kirchen lagen in Schutt und Asche. An diesem Dreifaltigkeitssonntag, eine Woche nach Pfingsten, brannte auch Sankt Aposteln am Neumarkt bis auf die Grundmauern nieder. Küster und katholische Jugend versuchten, Paramente und andere sakrale Wertgegenständen zu retten. Auch andere Kirchen wie Groß Sankt Martin, Sankt Maria im Capitol und Sankt Ursula fielen den Flammen zum Opfer. "Lassen Sie sich vom Erzbischof von Canterbury helfen!", musste sich ein Pfarrer von Parteifunktionären anhören, als er um Löschhilfe bat.



Der Dom unversehrt

Nur "der Dom stand majestätisch, vollständig unversehrt, vom brennenden Domhotel und verschiedenen anderen Brandherden umgeben, inmitten einem Feuerring", berichtete der Schweizer Konsul Franz Rudolph von Weiss an seine Regierung. Insgesamt bekam die Kathedrale während des gesamten Kriegsverlaufes 70 Bombentreffer ab, den schwersten am Nordturm am 3. November 1943. Erst 2005 zum Weltjugendtag wurde die nach dem Angriff gesetzte "Domplombe" aus Ziegelsteinen verblendet und damit die letzten Kriegsspuren an dem Bauwerk unsichtbar gemacht.



Die Reaktionen auf die Bombenabwürfe waren unterschiedlich. Bei den meisten dominierte die Wut auf "den Engländer", der unschuldige Zivilisten statt Rüstungsindustrie bombardierte. "Der sicherste Ort in Köln sind die Ford-Motorwerke", hieß es nach Darstellung des in Köln geborenen und in Kanada lebenden Schriftstellers Henry Beissel verbittert im Volk.



Der kürzlich verstorbene Kölner Widerstandskämpfer Fritz Theilen berichtete von anderen Erfahrungen. Mit den Worten "Vorsicht, der Führer kommt!" hätten die Menschen Hitlerbilder aus zertrümmerten Häusern gepfeffert und anschließend zertrampelt. Theilen: "Die Stimmung hat durch den Angriff einen Knacks bekommen."