Kölner Kardinal weihte Kloster am See Genezareth ein

Die "Christioaktivität" weitergeben

Zur offiziellen Einweihung ihres Klosterneubaus am Hochfest Christi Himmelfahrt empfingen die deutschen Benediktiner des zur Jerusalemer Dormitio-Abtei gehörenden Priorats am Heiligtum der Brotvermehrung einheimische und deutsche Prominenz. Aus Köln war Joachim Kardinal Meisner angereist. Im domradio.de-Interview spricht er über die besondere Atmosphäre an diesen heiligen Stätten.

Klosterneubau am See Genezareth (DR)
Klosterneubau am See Genezareth / ( DR )

domradio.de: Herr Kardinal, was empfinden sie gerade in Tabgha?

Joachim Kardinal Meisner: Dass der Himmlische Vater, für seinen Sohn bei seiner Menschwerdung einen so schönen Ort, eine so schöne Landschaft gewählt hat, wie Galiläa! Heute heißt es im Festtagsevangelium: "Ihr Männer von Galiläa, was schaut ihr zum Himmel?" Das Fest Christi Himmelfahrt kann man hier in Galiäa wirklich authentisch feiern, hier berühren wirklich auch vom Gefühl her der Himmel die Erde und die Erde den Himmel.



domradio.de: Die Verbindungen des Heilig-Land-Vereins zu Tabgha und auch zu dem Kloster der Benediktiner sind sehr eng?

Joachim Kardinal Meisner: Das ganze Territorium gehört dem Deutschen Verein vom Heiligen Land, und wir unterhalten hier ein großes Pilgerhaus. Das ist ja der Sinn des Vereins, dass man den Abendländlern in der Heimat Jesu, mit der biblischen Landschaft, Kontakt aufnehmen lässt, damit sie auch die Botschaft des Evangeliums besser verstehen. Dafür haben wir vor über 40 Jahren die Brotvermehrungskirche gebaut, an der Stelle, wo man dieses alte Mosaik gefunden hat mit dem Brotkorb und den zwei Fischen, wie es im Johannesevangelium im sechsten Kapitel aufgezeichnet ist. Jetzt haben wir noch zusätzlich ein Benediktinerkloster gebaut, so dass dieser Ort hier am See Genezareth, der Schauplatz der wundersamen Brotvermehrung vergegenwärtigt wird durch das Benediktinerkloster, durch unsere schöne Kirche und das Pilgerheim. Aber es geht hier nicht nur um die Bauten, sondern um Kontaktstellen, an denen man mit Jesus Christus dem Galiläer, der von hier aus in den Himmel aufgefahren ist, in Berührung kommt und bleibt. Sie müssen sich das so vorstellen: Wenn sie radioaktive Materie berühren, werden sie selber radioaktiv und stecken dann alle anderen an, mit denen sie in Berührung kommen. Wenn sie hier mit Christus in Berührung kommen, dann werden "christioaktiv"! Wer mit "Christioaktivität" in Berührung kommt, der wird mit Christus angesteckt! Das ist ja der Sinn des heutigen Himmelfahrtfestes, dass Jesus seinen Jüngern sagt: Seid keine Hans-guck-in-die-Lufte, geht hinaus in alle Welt und berührt die Menschen mit der Botschaft, dass sie berufen sind für ein ewiges Leben beim dreifaltigen Gott.



domradio.de: Was bedeutet es für die Pilger, an diesem Ort zu sein?

Joachim Kardinal Meisner: Wenn man keine Hinführung hat, dann könnte man sagen, hier kann man sich großartig erholen, direkt am See Genezareth gelegen, die Golanhöhen gegenüber, auf diesem schön gepflegten Grundstück. Aber unsere Reisegruppen sind ja keine Touristen, sondern Pilger und sie werden begleitet von Priestern oder von anderen versierten Leuten. Man macht ihnen die Theologie des Heiligen Landes deutlich, also warum dieses Land uns so lieb und teuer ist. Und es ist für den Heilig-Land-Verein immer wichtig, dass wir die christlichen Stätten hier nicht wie ein Freilichtmuseum behandeln, sondern dass die Kirche hier präsent bleibt. Darum kümmert sich der Verein auch um die kleinen christlichen Gemeinden und Kirchen, die es hier in der irdischen Heimat Jesu gibt. Insofern helfen natürlich auch die vielen Pilger rein ökonomisch durch ihren Beitrag, den sie hier leisten, wenn sie herkommen. Das hilft den Christen im Heiligen Land bei der Existenzsicherung.



domradio.de: Wie wird der Festtag heute ablaufen?

Joachim Kardinal Meisner: Die Feierlichkeiten beginnen unten in der Brotvermehrungskirche mit dem feierlichen Hochamt, da kommen alle Benediktinermönche von der Dormitioabtei aus Jerusalem her, der Abt ist gestern schon gekommen. Dann ziehen wir in das neue Kloster in den Innenhof. Da habe ich mit Schrecken festgestellt, dass es sieben Grußworte gibt! Das ist für mich so eine Art Buße, aber ich werde das auf mich nehmen. Dann findet im Kloster die Weihe statt, dass vollzieht sich nach dem Messbuchritual für die Einweihung von Klöstern. Es ist schon etwas Besonderes hier im Heiligen Land, wenn die Christen ein neues Kloster eröffnen! Wir sind ja leider in Deutschland daran gewöhnt, dass Klöster geschlossen werden. Daher ist es schon ein besonders Anliegen und eine Grund zu feiern!



Das Interview führte Hilde Regeniter.

Hintergrund

In Tabgha wurde an Christi Himmelfahrt ein Klosterneubau geweiht. Die deutschen Benediktiner des zur Jerusalemer Dormitio-Abtei gehörenden Priorats am Heiligtum der Brotvermehrung empfingen dazu einheimische und deutsche Prominenz. Aus Köln war Joachim Kardinal Meisner angereist.

Auch wenn der Umzug der Mönche in die neuen Zellen erst im Herbst stattfinden wird: Der "Wetterfisch" auf dem Dach dreht schon seit Wochen seine Kreise im Wind, und der alte Olivenbaum im neu angelegten Innenhof treibt junge Zweige aus. "Derzeit verläuft alles nach Plan", sagt Pater Basilius, Prior des Jerusalemer Mutterhauses.



Kardinal nimmt als "Hausherr" das Baumodell entgegen

Die beiden Architekten, die Trierer Alois Peitz und Hubertus Hillinger, überreichten zur Einsegnung ein maßstabgetreues Modell des neuen Klosters an den Kölner Erzbischof; er ist als Präsident des Deutschen Vereins vom Heiligen Land (DVHL) Hausherr und oberster Bauleiter. Mit der Weitergabe des Modells an Abt Gregory ergreift dann die Benediktinergemeinschaft Besitz von den neuen Räumlichkeiten. Fünf Jahre nach der Grundsteinlegung und drei Jahre nach Baubeginn stehen die Arbeiten an dem rund 1.900 Quadratmeter großen Gebäudekomplex um einen klassischen vierarmigen Kreuzgang kurz vor dem Abschluss.



Seit 1939, als der DVHL der Dormitio die Betreuung von Tabgha übertrug, wo die sogenannte Brotvermehrung stattgefunden haben soll, ist die kleine Benediktinergemeinschaft am See Genezareth präsent.



Privatsphäre für ein monastisches Leben

1954 zogen die Mönche in das Klostergebäude neben der Brotvermehrungskirche ein. Dem heutigen Strom von bis zu 5.000 Pilgern täglich ist die Anlage aus den 50er Jahren nicht mehr gewachsen: Es mangelt an Privatsphäre für ein monastisches Leben - ein Misstand, der mit dem neuen, nach innen orientierten Zellentrakt behoben werden soll. Neben dem Klausurbereich mit Platz für zehn Mönche wird es auch künftig einen halböffentlichen Bereich für den Empfang von Pilgern geben: Kirche und Kloster als Begegnungsstätte sind den Benediktinern wichtig.



Nach über 50 Jahren genügt der Altbau zudem den heutigen Sicherheitsstandards nicht mehr: Unter den Füßen der Mönche verläuft der Große Afrikanische Grabenbruch; die afrikanische und die arabische Erdplatte schieben sich übereinander und sorgen so für erhöhte Erdbebengefahr. Auch der die Region seit Jahrzehnten prägende politische Konflikt fordert seinen Tribut: Das Kloster muss, so sieht das israelische Gesetz vor, für den Kriegsfall über einen Schutzraum für Mönche und Gäste verfügen.



Für den Kriegsfall und Erdbeben gewappnet

Eine erdbebensichere Bauweise mit Stahlbetonfundamenten trägt den geografischen Gegebenheiten Rechnung. Dicke Mauern und spezielle aluminiumbeschichtete Holzkernfenster aus Deutschland sollen in den feuchtkalten Wintern und subtropischen Sommern ein angenehmes Raumklima schaffen. "Uns war bei dem Neubau an nachhaltiger Planung gelegen. Daher haben wir von Anfang an entsprechend investiert", so der Prior.



4,8 Millionen Euro wurden für den zweigeschossigen Bau am See Genezareth veranschlagt, getragen je zu einem Drittel von der Klostergemeinschaft, dem DVHL und Spenden aus den deutschen Diözesen. Deutsche und einheimische Experten - Juden, Christen, Muslime und Drusen - arbeiteten auf der ungewöhnlichen Baustelle Hand in Hand. Trotz aller kulturellen und religiösen Unterschiede, sagt Pater Basilius, sei die Stimmung gut.



Mehr als drei Jahre hat die Betriebsamkeit der Baustelle das Leben der Benediktiner von Tabgha geprägt. Mit dem Umzug in die neuen Räume soll langsam wieder Normalität Einzug in das Klosterleben halten - und damit jene "stabilitas", von der es in der Benediktsregel heißt: "Das Kloster soll, wenn möglich, so angelegt werden, dass sich alles Notwendige ... innerhalb des Klosters befindet und die verschiedenen Arten des Handwerks dort ausgeübt werden können. So brauchen die Mönche nicht draußen herumzulaufen, denn das ist für sie überhaupt nicht gut."