Jesuit legt Karl Valentins Worte für Gegenwart aus

Der Mensch ist gut, die Leute sind schlecht

Die Worte Jesu verständlich auslegen für die Gläubigen, das können die "schlauen Jungs" von den Jesuiten, wie die Mitglieder der mit "SJ" (Societas Jesu) abgekürzten "Gesellschaft Jesu" gerne genannt werden. Der eine oder andere Pater weiß allerdings auch mit anderen Leidenschaften aufzuwarten.

Autor/in:
Barbara Just
 (DR)

Martin Maier, langjähriger Chefredakteur von den "Stimmen der Zeit" und mittlerweile Rektor des Berchmanskollegs in München, ist so einer. Geboren 1960 in Messkirch am Bodensee hat er sich schon als Kind für Karl Valentin begeistert. Nun hat der Ordensmann im Herder-Verlag ein Buch über den Humoristen vorgelegt, das am Dienstag in Müncxhen vorgestellt wurde.



"Der Mensch ist gut, nur die Leute sind schlecht", heißt es und will auf 119 Seiten Sinn und Unsinn des großen Valentins (1882 bis 1948) entschlüsseln. Akribisch durchforstet Maier dessen Werk und hält viele Zitate aus markanten Stücken bereit, die er in Themenwelten einzuordnen versucht. Da sind die Betrachtungen über das Wetter ("Besser ein schlechtes als gar keines"). Gesprächsstoff bietet es ständig, auch wenn nichts daran zu ändern ist. Kein Wunder also, dass ein Valentin-Satz wie "Alle schimpfen aufs Wetter, aber keiner unternimmt etwas dagegen" Einzug in Vorträge von anerkannten Klimaforschern gefunden hat.



Valentins bewusste Satz-Verdrehungen und Wort-Zerlegungen mögen einen in den Wahnsinn treiben, sind zugleich aber legendär. In der "Orchesterprobe" mit seiner Partnerin Liesl Karlstadt als Dirigent erzählt Valentin von der "Siebnerbahn" auf dem Oktoberfest und meint damit die "Achterbahn", die noch nicht ganz fertig war. Immer wieder entleert er in Sketchen die Sprache aller Sinne oder konkretisiert. Denn der Mensch wohnt nicht "in der Sendlinger Straße", sondern in einem der Häuser, wo eine Treppe hinaufgeht und natürlich auch wieder hinunter.



Und wie hält es Valentin mit der Religion?

Hinter Valentins Kampf mit der Sprache stecke der Kampf mit der Wirklichkeit, ist Maier überzeugt. Wenn nach Martin Heidegger die Sprache das Haus des Seins sei, dann sprenge der Komiker dieses in die Luft. "Deshalb leuchtet ein, dass er sein Haus verkaufen und dafür aus Angst vor einem Meteoriteneinschlag in ein Bergwerk ziehen möchte." Mit seiner Begeisterung für Karl Valentin steht der Jesuit im katholischen Klerus nicht allein dar. Sogar Papst Benedikt XVI. schätzt den Witz des Querdenkers und ist bekanntlich Träger des Karl-Valentin-Ordens.



Und wie hält es Valentin mit der Religion? Ein Protestant war er, der aber in seiner Brieftasche ständig zwei Heiligenbilder mitgeführt haben soll: die schwarze Madonna von Altötting und eine Schutzengel-Darstellung. Ärger mit der katholischen Kirche hatte er auch, als diese 1931 eine Beschwerde über ein öffentliches ausgestelltes Foto des "Firmlings" einreichte. Dies stelle eine "unwürdige und verletzende Verzerrung des heiligen Sakraments der Firmung" dar, hieß es. Ein Armutszeugnis, wie Maier meint. Denn nichts sei Valentin ferner gewesen, als religiöse Gefühle zu verletzen.



"Hoffentlich wird es nicht so schlimm, wie es schon ist"

Die "metaphysische Kurzformel" lautet für Karl Valentin: "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative und eine komische." Maier spricht aus Erfahrung wenn er erzählt, dass ihm ein einschlägiger Satz des Humoristen immer wieder geholfen habe, eine Situation zu entkrampfen. Gemeinsames Lachen wirke befreiend. Da reicht es, wenn einer bei nicht enden wollenden Ansprachen und Grußworten augenzwinkernd meint: "Es ist schon alles gesagt, aber noch nicht von allen."



Auch das Nachdenken über die letzten Dinge machte der Komiker zum Programm. So hält sein "Weltuntergang" die Überraschung bereit, dass die Luft wie Schweinssulz zittert, die Vesuve Honig und Sauerkraut speien. Dann zerplatze auf einmal panikartig ein alter Leberkäse - "und am Ende des Vortrags trat plötzlich der Schluss ein". Für den Leser bleibt da nur noch der Trost: "Hoffentlich wird es nicht so schlimm, wie es schon ist."



Hinweis: Das Buch "Der Mensch ist gut, nur die Leute sind schlecht" von Martin Maier ist im Herder Verlag in Freiburg erschienen und kostet 12,99 Euro.