Ausschreitungen bei Pro NRW-Demo in Bonn

Salafisten gegen Rechtspopulisten

Nach Messerattacken auf Polizeibeamte während einer Demonstration der rechtsextremen Organisation Pro NRW in Bonn hat die Polizei eine Mordkommission eingerichtet. NRW-Innenminister Jäger warnt vor einer neuen Dimension der Gewalt bei radikal-islamischen Salafisten. "Was durch Pro NRW geschieht, ist eine gezielte Beleidigung des Propheten", bewerten Islambeauftragte der Kirchen.

 (DR)

In Bonn eskalierte die Situation als Aktivisten der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Gruppierung Pro NRW am Samstag vor der saudi-arabischen König-Fahd-Akademie islamkritische Karikaturen zeigten. Aus einer Gruppe mit mehreren Hundert Muslimen wurden mehrere Steine und Flaschen geworfen.Wie die Bonner Polizei am Sonntag mitteilte, hatten Gegendemonstranten bei gewaltsamen Ausschreitungen eine Polizistin und einen Polizisten durch Messerstiche schwer verletzt. 27 Polizisten, die die Gruppen voneinander trennen wollten, erlitten leichte Verletzungen. Zudem wurden mehrere Streifenwagen beschädigt.



Der Bonner Rat der Muslime hatte am Samstag zur Gegendemonstration aufgerufen und, wie die Polizei bestätigte, im Verlauf der Kundgebung auch die salfistischen Gruppen mehrfach zu Besonnenheit und Friedlichkeit aufgerufen.



"Intensive bundesweite Mobilisierung von gewaltbereiten Salafisten"

Nach Polizeiangaben waren für die Gegenkundgebung vermutlich Salafisten aus dem gesamten Bundesgebiet angereist. Mehr als 100 Menschen wurden festgenommen. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln. Nach Angaben von Bonns Polizeipräsidentin Ursula Brohl-Sowa vom Sonntag befindet sich ein 25-jähriger Tatverdächtiger aus Hessen in Gewahrsam.



"Für Bonn hat es erstmals eine intensive bundesweite Mobilisierung von gewaltbereiten Salafisten gegeben, die deutlich über das bislang bekannte Maß hinausging", erklärte NRW-Innenminister Jäger am Sonntag in Düsseldorf. "Ich bin entsetzt über den Hass gegen Polizisten." Es sei offen zur Gewalt aufgerufen worden.



Jäger sprach von einer Gefahr, "die weit über unsere Landesgrenzen hinausgeht". Länder müssten gemeinsam mit dem Bund alle rechtlichen Möglichkeiten "gegen diese Extremisten ausschöpfen". Die Erkenntnisse aus polizeilichen Ermittlungen über die Ausschreitungen und Gewalttäter in Bonn führten dazu, dass die Sicherheitsbehörden bundesweit besser und früher gegen gewalttätige Salafisten vorgehen könnten. Ziel sei, diejenigen, die das Versammlungsrecht missbrauchten, von künftigen Versammlungen auszuschließen und aus der Anonymität herauszuholen.



Die Rechtsextremisten von Pro NRW schürten gezielt Hass gegen vier Millionen Muslimen, die friedlich in Deutschland lebten und die sich von den Salafisten distanzierten, betonte der Minister und sprach von einer "erbärmlichen und gefährlichen" Hetze. "Pro NRW ist gefährlich für unsere Demokratie." Er kündigte Konsequenzen gegen die Gruppierung an.



Muslime: Islamfeindliche Karikaturen untersagen

"Wir wollen ein Zeichen setzen und deeskalierend gegen Gewalt wirken, obwohl man mit Muslimen nicht so umgehen darf", sagte Habuk Yildiz vom Bonner Rat der Muslime. Es müsse untersagt werden, dass eine rechtsextreme Splitterpartei provokativ islamfeindliche Karikaturen zeigen dürfe.



"Das bringt muslimische Jugendliche sehr auf. Dabei wollen wir ein friedliches Zusammenleben."



Kirchenvertreter verurteilen Pro NRW-Aktion

"Was durch Pro NRW geschieht, ist eine gezielte Beleidigung des Propheten", bewerteten auch Elisabeth Thissen, Islambeauftragte des Kirchenkreises Bad Godesberg-Voreifel, und der evangelische Pfarrer Ernst Ulrich Thomas als Sprecher des Bonn-Bad Godesberger christlich-islamischen Dialogkreises die Situation.



Den Angaben zufolge beteiligten sich knapp 30 Personen an der Pro NRW-Kundgebung. Bereits im Vorfeld hatte die Polizei die Kundgebungsteilnehmer kontrolliert und zwei salafistische Gegendemonstranten festgenommen. Sie hatten sich mit Steinen und Steinschleuder ausgerüstet.



In Solingen hatten am 1. Mai radikalislamische Salafisten bei einer Pro NRW-Aktion Steine auf Polizisten geworfen. Drei Beamte, ein Passant und ein Muslim wurden verletzt.



Innenminister hält Salafisten für Keimzelle des islamistischen Terrors

Unterdessen hält Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) die muslimische Glaubensbewegung der Salafisten für eine Keimzelle des islamistischen Terrors in Deutschland. "Die Salafisten liefern die ideologische Basis für viele, die dann gewalttätig werden", sagte Friedrich der "Bild am Sonntag". "Es gilt der Satz: "Nicht jeder Salafist ist ein Terrorist, aber fast jeder islamistische Terrorist hat einen irgendwie gearteten salafistischen Bezug"".



Friedrich erklärte, der Salafismus sei aktuell die dynamischste islamistische Bewegung, sowohl in Deutschland als auch international. Von seinen fanatischen Anhängern gehe eine besondere Gefährdung für die Sicherheit Deutschlands aus. Nicht ohne Grund stehe die Bewegung seit 2010 bundesweit unter besonderer Beobachtung unserer Sicherheitsbehörden.