Der Italiener Giuseppe Toniolo wird seliggesprochen

Pionier der christlichen Soziallehre

Das Verfahren war bereits 1951 eingeleitet und 1971 abgeschlossen worden: Nun wurde in Rom Giuseppe Toniolo seliggesprochen. Benedikt XVI. würdigte den Sozialethiker als Persönlichkeit von großer Aktualität.

 (DR)

Die Zeremonie fand am Sonntag in der Basilika Sankt Paul vor den Mauern statt und wurde von Kardinal Salvatore De Giorgi geleitet. Toniolo gilt als Pionier der christlichen Soziallehre und Vordenker der Laienbewegung "Katholische Aktion". Er war zudem Mitbegründer der bis heute bedeutsamen "Sozialwochen der Katholiken Italiens".



Papst Benedikt XVI. würdigte Toniolo (1845-1918) als Persönlichkeit von großer Aktualität. Seine Botschaft vom Vorrang der Person und von der Solidarität sei heute mehr denn je gültig, sagte er bei seinem Mittagsgebet auf dem Petersplatz. Toniolo sei Familienvater, Erzieher, Wissenschaftler und zugleich auch "leidenschaftlicher Diener der kirchlichen Gemeinschaft" gewesen. Er habe deutlich gemacht, dass über allen legitimen Interessen von Nationen oder Staaten die Pflicht zur menschlichen Solidarität stehe, so der Papst.



Toniolo, der in Pisa Wirtschaftsgeschichte lehrte, bemühte sich in einer für die Kirche schwierigen Zeit um ein neues Mitwirken der Katholiken am politischen Leben Italiens. Nach dem Ende des Kirchenstaats 1871 hatte Papst Pius IX. allen Katholiken untersagt, sich im neuen Staat politisch zu betätigen. Nach ersten Schritten der Öffnung unter Papst Leo XIII. (1878-1903) kam es jedoch mit den Lateran-Verträgen 1929 zur Aussöhnung zwischen dem Heiligen Stuhl und Italien.



2006 Wunderanerkennung

Für die Seligsprechung Toniolos hatte sich insbesondere die "Katholische Aktion" Italiens eingesetzt. Rund 5.000 Gläubige nahmen an der Zeremonie in der Pauls-Basilika teil. Kardinal De Giorgi würdigte den aus dem norditalienischen Treviso stammenden neuen Seligen als vorbildlichen Wissenschaftler, Familienvater und Vertreter des katholischen Laienapostolats.



Das Seligsprechungsverfahren war bereits 1951 eingeleitet und 1971 unter Papst Paul VI. mit der Anerkennung des "Heroischen Tugendgrades" abgeschlossen worden. Im Jahr 2006 bestätigte die Seligsprechungskongregation dann ein Heilungswunder. Es handelte sich um die unerklärliche Genesung eines jungen Unternehmers im norditalienischen Pieve di Soligo in der Region Venetien.