Jahrespressekonferenz der Steyler Bank

Geschäfte machen und Gutes tun

Die Steyler Bank ist eine der ältesten Ethikbanken Europas. Seit fast 50 Jahren unterstützt sie mit ihren Geldgeschäften die Arbeit der gleichnamigen Missionare. Vor dem Hintergrund der Bankenkrise fordert Geschäftsführer Norbert Wolf im domradio.de-Interview eine Haltungsänderung seines Berufsstandes "zurück zum realen Bankgeschäft".

 (DR)

domradio.de: Was machen sie anders, als andere Banken?

Wolf: Wir machen Vieles anders. Unser Fundament sind drei Säulen: Das ist einmal unsere ethische Geldanlage-Politik; das bedeutet, dass wir das Geld unseren Kunden nach einem ganz konkreten ethischen und nachhaltigen Konzept anlegen. Zum Zweiten sind da Ethik und Fairness in der Beratung, gerade das hat in den vergangenen drei Jahren deutlich an Bedeutung hinzugewonnen. Und dann ist da noch unser Alleinstellungsmerkmal, dass wir unseren Gewinn nicht an anonyme Aktionäre geben, sondern unser Gewinn über die Steyler Missionare in ganz vielfältige Hilfsprojekte weltweit fließt.



domradio.de: Wie konkret?

Wolf: Die Steyler Missionare sind die in über 70 Ländern bei den Ärmsten der Armen aktiv. Dort verkünden sie nicht nur das Wort Gottes. Sie geben Hilfe zur Selbsthilfe, setzen sich für die sozialen Probleme, Gesundheit und Ausbildung der Menschen ein. Im letzten Jahr konnten wir so über 200 Projekte unterstützen, alleine über unser Bankgeschäft in Deutschland.



domradio.de: Welche Projekte sind das?

Wolf: Bei meiner Reise nach Indien Anfang Februar konnte ich vier Projekte besichtigen. In einem geht es um Schülerwohnheime. Der Bevölkerung auf dem Land ist es nicht möglich, ihre Schüler auf eine Schule zu schicken - wenn sie nicht in einem sogenannten Hostel wohnen. Und dort helfen wir dabei, eine Schule von sechs auf zehn Klassen aufzustocken; außerdem haben wir die sanitären Einrichtungen des Hostels, des Internats renoviert. Ein weiteres Projekt: die Renovierung einer Kirche für die Ureinwohner Indiens.



domradio.de: Sie haben in Indien auch erfahren, dass die Menschen dort Probleme anders lösen als hier bei uns. Was hat sie besonders beeindruckt?

Wolf: Jeder nimmt Rücksicht auf den anderen. Das fängt schon im Straßenverkehr an, wo der Stärkere Rücksicht auf den Schwächeren nimmt. Beeindruckt hat mich außerdem die Tatsache, dass viele Dinge nicht so problematisiert werden wir bei uns in Deutschland. Die Menschen kommen mit dem zurecht und sind zufrieden mit dem, was sie haben - obwohl sie in bitterer Armut leben.



domradio.de: Kleines Geld hat dort, wo sie helfen, große Wirkung. Wie können auch wir helfen?

Wolf: Wir fungieren als Voll-Bank. Sie können also über uns ganz normal ihre Bankgeschäfte abwickeln. Und wie bei jeder anderen Bank bleibt möglicherweise eine Geschäftsmarge, an der wir auch verdienen. Und dieser Verdienst geht nach Abzug der Verwaltungsaufwendungen in ein Projekt. Das ist eine Möglichkeit. Die zweite wäre, dass jemand mit seinem Geld noch mehr tun möchte und eine beispielsweise eine Stiftung gründet. Das ist bei uns schon ab 5.000 Euro möglich.



domradio.de: Wie bewerten Sie aktuell die Lage Ihres Berufsstandes?

Wolf: Die ganze Regulierungswut, die gerade auf die Banken zukommt, hilft nicht weiter. Ich bin der festen Überzeugung, dass sich die Grundhaltung der meisten Bänker ändern muss. Insbesondere die der Führungscrews in den Banken. Man muss wieder zurückkommen zum realen Bankgeschäft. Man muss dahin zurück, den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen. Wenn man das verinnerlicht hat, ist auch wieder eine gesunde Basis da. Ich bin seit 18 Jahren bei der Steyler Bank, deren Konzept mich damals schon begeistert hat. Daran hat sich bis heute nichts geändert: mit einem betriebswirtschaftlich denkenden Geschäft gleichzeitig Gutes zu tun.



Das Gespräch führte Monika Weiß.



Hintergrund:

Die Steyler Bank hat ihren Wachstumskurs im Jahr 2011 fortgesetzt. Das verwaltete Kundenvermögen der in Deutschland und Österreich tätigen Bank erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahr um 6,1 Prozent auf 371,9 Millionen Euro, wie Geschäftsführer Jürgen Knieps am Dienstag vor Journalisten in Bonn bekanntgab. Deutliche Zuwächse gab es demnach auch beim Wertpapiergeschäft. Hier verzeichne die Bank ein Plus von 23 Prozent auf 98,2 Millionen Euro. Die Spareinlagen seien um 11 Prozent auf 134,1 Millionen Euro, das Stiftungsvolumen um 30 Prozent auf 14,4 Millionen Euro gestiegen, so Knieps. Die erzielte Bilanzsumme betrug 2011 nach den Angaben 302,7 Millionen Euro, rund 11 Millionen Euro mehr als 2010.



Mit einer Spendensumme in Höhe von 2,78 Millionen habe die Bank zudem eine Rekord-Sozialrendite ausweisen können, erklärte Geschäftsführer Norbert Wolf. Das Geld aus Bankgewinnen und Spenden von Kunden fließe in die etwa 200 weltweiten Hilfsprojekte der Steyler Missionare. Unterstützte Programme 2011 waren demnach etwa eine Missionsstation mit dem Schwerpunkt Bildung für indische Ureinwohnerstämme und ein Krankenhaus in Kenia.



Auch für das erste Quartal 2012 setzt sich laut Geschäftsführung die positive Entwicklung durch. "Bereits in den ersten drei Monaten haben wir einen Zuwachs im Kundenvermögen von acht Millionen Euro erzielt", erklärte Wolf. Aktuell betreue die Bank rund 16.200 Kunden mit über 20.000 Konten. Laut Wolf gibt es drei Säulen für das Wirtschaften der Bank. Sie führe nicht nur die Geldanlage und Kundenberatung nach ethischen Kriterien durch, sondern auch die Gewinnverwendung. "Die Bank unterzieht all ihr Handeln einer ethischen Reflexion", erläuterte Wolf.



Die Steyler Bank mit Sitz in St. Augustin ist nach eigenen Angaben die weltweit einzige Bank, die einem katholischen Orden gehört. Sie versteht sich als ethische Privatbank und bietet entsprechende Anlagekonzepte sowie Vermögensberatung an. Das Institut handelt als Voll-Bank und ist im gesamten Bankgeschäft aktiv. Es wurde 1964 von den Steyler Missionaren gegründet.