Beschwerde über "Wort zum Sonntag"

Salafisten, Evangelikale und Piusbrüder in einem Atemzug?

Aufregung um das "Wort zum Samstag" in der ARD: Konservative evangelische Christen fühlen sich von einem katholischen Pfarrer diffamiert. Der Hochschulseelsorger Wolfgang Beck hatte als Sprecher des evangelikale Gruppierungen und Salafisten in einem Atemzug genannt.

 (DR)

Eine Gleichsetzung von Piusbrüdern, evangelikalen Gruppierungen und Salafisten in der Fernsehsendung "Wort zum Sonntag" stößt auf Kritik bei evangelischen Christen. Die theologisch konservative Deutsche Evangelische Allianz, Dachverband evangelikaler Christen, reichte nach eigenen Angaben eine Programmbeschwerde beim Intendanten des Norddeutschen Rundfunks (NDR), Lutz Marmor, ein. Der Allianz-Vorsitzende Michael Diener rügte den Vergleich zwischen Salafisten und evangelikalen Gruppen am Montag als stillos und demagogisch. Der Medienbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Markus Bräuer, nannte die Gleichsetzung inakzeptabel.



Der katholische Pfarrer und Hochschulseelsorger Wolfgang Beck hatte in der am vergangenen Samstag ausgestrahlten Sendung gesagt, im religiösen Bereich hätten Gruppen Zulauf, die sich durch große Eindeutigkeit und Konsequenz auszeichneten. Kompromisse würden bei diesen Gruppen als Schwäche angesehen. "Egal, ob Piusbrüder, ob evangelikale Gruppierungen oder muslimische Salafisten, denen wir in diesen Wochen in den Fußgängerzonen begegnen können: Sie alle haben mehr gemeinsam, als ihnen wahrscheinlich lieb ist: vor allem dieses Bemühen um größtmögliche Eindeutigkeit. Alle Kraft wird da hineingesetzt, dass das Leben völlig übereinstimmt mit dem, was gepredigt wird", sagte der katholische Geistliche aus Hannover. Die radikalislamischen Salafisten sorgen derzeit mit der Verteilung von kostenlosen Koranausgaben für Aufsehen.Selber will Beck sich zu der Kritik nicht öffentlich äußern. Der Hochschulseelsorger aus Hannover bedauere, dass es zu Missverständnissen gekommen sein könne, sagte der katholische Rundfunkbeauftragte für den NDR, Andreas Herzig, am Dienstag dem epd.



Allianz-Generalsekretär Hartmut Steeb kritisierte, auch wenn Beck besonders das "Bemühen um größtmögliche Eindeutigkeit" hervorgehoben habe, so unterstelle doch die Formulierung "vor allem", dass es mehr Vergleichbarkeiten gebe als nur eine konsequente Haltung. "Nach den für den NDR geltenden journalistisch-ethischen Grundsätzen dürfte es sicherlich nicht zulässig sein, alleine wegen dem "tun, was man sagt" freiheitsliebende und freiheitszerstörende Menschen, Verfassungsfreunde und Verfassungsfeinde, miteinander in einem Atemzug zu nennen", schreibt Steeb.



Kritik: Unvergleichbarkeit der Gruppierungen

In der Beschwerde hebt die Evangelische Allianz die Unvergleichbarkeit der Gruppierungen hervor: "Während für die Salafisten zu Recht die Beobachtung durch den Verfassungsschutz ansteht, stehen wir als sogenannte evangelikale Gruppierung ohne Wenn und Aber zu unserer Verfassung und den sie tragenden Werten, wie zum Beispiel der Freiheit der Religionsausübung."



Der EKD-Medienbeauftragte Bräuer sagte dem epd, Christen evangelikaler Prägung seien dafür bekannt, ihren Glauben und ihr Leben in besonderer Treue am Evangelium auszurichten. Anders als etwa die Salafisten ließen sie keinen Zweifel daran, dass jeder Mensch unabhängig von Glauben, Geschlecht und Herkunft mit der gleichen Würde von Gott beschenkt sei. Für Evangelikale stehe zudem außer Frage, dass die Demokratie die Gesellschaftsform sei, in der sich Menschenrechte und Glaubensfreiheit am besten bewährten. Diese Unterschiede habe der "Wort zum Sonntag"-Sprecher nicht deutlich gemacht, äußerte Bräuer.



Pfarrer Beck gehört seit Oktober 2011 zu dem Team von acht evangelischen und katholischen Sprechern, die abwechselnd am Samstagabend das "Wort zum Sonntag" in der ARD sprechen. Der promovierte Theologe wurde 1974 in Hildesheim geboren und 2002 zum Priester geweiht. Seit 2005 ist er Seelsorger an der Hochschulgemeinde in Hannover sowie seit 2008 zusätzlich Pfarrer in Hannover-Linden.