Drohungen gegen Journalisten im Internet

Druck von Koranausgaben gestoppt

Die Ulmer Druckerei Ebner und Spiegel stoppt die Produktion der Gratis-Korane, die bundesweit von Islamisten verteilt werden. Ein Sprecher des deutschen Mutterunternehmens CPI sagte in Leck. "Wir werden die Auslieferung stoppen und juristisch prüfen, welche Folgen sich daraus ergeben". Kritische Journalisten werden derweil im Internet bedroht.

 (DR)

Seit Oktober 2011 hat die Druckerei im Auftrag einer Organisation namens "Die wahre Religion" mehr als 300.000 Korane ausgeliefert.

Die 500-seitigen Bücher beinhalten eine kommentarlose deutsche Übersetzung des Korans. Sie werden derzeit bundesweit kostenlos in Fußgängerzonen verteilt. Mit dem Projekt "Lies!" wollen Angehörige der radikalislamischen Salafisten Nichtmuslime missionieren. Ziel der Aktion ist es, 25 Millionen Korane an deutsche Haushalte zu verteilen.



Das Mutter-Unternehmen habe erst aufgrund der Medienberichterstattung von der Aktion "Lies!" erfahren, sagte der Sprecher. Seit November 2011 seien zwar drei Mal Mitarbeiter von Kriminalpolizei und Verfassungsschutz in der Druckerei in Ulm gewesen und hätten Koran-Exemplare mitgenommen, diese dann aber als unbedenklich eingestuft. "Wir haben kooperiert, wir haben Auftraggeber, Rechnungen und Überweisungen offengelegt", sagte der Sprecher.



Drohkampagne

Unterdessen meldete die "Welt", dass die Koran-Verteilung von einer Drohkampagne gegen Journalisten begleitet wird. So seien Berichterstatter der "Frankfurter Rundschau" und des "Tagesspiegel" in Berlin in einem vierminütigen Video auf YouTube namentlich genannt und offen bedroht worden.



"Wir haben nun detaillierte Informationen über die Affen und Schweine, die verlogene Berichte über DawaFFM (Salafisten-Gruppe im Raum Frankfurt) und viele andere Geschwister veröffentlicht haben", sagt eine Computer-Stimme im Video. Anschließend werden nicht nur die Artikel der Autoren gezeigt, sondern auch private Fotos und Informationen. "Wir besitzen eine Menge an Daten von Dir, zum Beispiel wissen wir, wo du wohnst, wir kennen deinen (Fußball-)Verein, wir besitzen Deine Mobilfunknummer", heißt es laut Zeitung in dem rund vierminütigen Stück. Damit sollten auch andere Journalisten eingeschüchtert werden. Das Video wurde bereits am Karfreitag, einen Tag vor der großen Verteilaktion in mehreren Städten, ins Netz gestellt.



Warnung vor Panikmache

Unterdessen warnten Berliner Sicherheitskreise mit Blick auf die Koran-Aktion vor Panikmache. Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ) sagte ein Nachrichtendienstmitarbeiter: "Wir beobachten die Aktion bundesweit bereits seit Oktober 2011." Zudem seien die Salafisten schon seit einigen Jahren im Internet sehr aktiv. "Die Salafisten versuchen derzeit, ihr Spektrum zu erweitern und neue Anhänger zu rekrutieren", sagte der Behördenmitarbeiter.



Die FDP wandte sich gegen ein Verbot der Koran-Aktion. Der NOZ sagte die innenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion Gisela Piltz: "Solange bei der konkreten Verteilung in Fußgängerzonen oder anderswo keine Gesetze verletzt werden, ist ein Verbot nicht mit dem Rechtsstaat vereinbar." Die Verfassung schütze das Werben für den eigenen Glauben, solange dieser nicht die Verfassung ablehne. Für den Religionssoziologen Rauf Ceylan ist die Koran-Verteilung in erster Linie eine große PR-Kampagne der Salafisten.

"Fundamentalistische Gruppen wollen vor allem eins: Aufmerksamkeit", sagte der Osnabrücker Islamwissenschaftler der NOZ.