Ehepaar hat erste Beratungsstelle für US-Kriegsdienstverweigerer eröffnet

Frieden finden im "GI Café"

An der Wand hängen Anti-Kriegs-Plakate, an der Theke gibt es Schokoladenkuchen mit Orangen-Buttercremefüllung, Softdrinks und natürlich einen Kaffee: In der Kaiserslauterer Innenstadt hat vor wenigen Tagen die erste europaweite Beratungsstelle für US-Kriegsdienstverweigerer eröffnet.

Autor/in:
Alexander Lang
 (DR)

"Free coffee for military personnel", lockt ein Zettel, der an der breiten Fensterfront des "GI Cafés" in der Richard-Wagner-Straße 48 klebt. Noch warten Meike und Chris Capps-Schubert auf die ersten US-Soldatinnen und -Soldaten, die über belastende Kriegserlebnisse sprechen oder auch aus dem Dienst ausscheiden wollen. Bewusst haben der ehemalige Irakkrieg-Veteran und Kriegsdienstverweigerer und seine Frau "The Clearing Barrel Bar" als einen pazifistischen Stützpunkt nur wenige Kilometer entfernt von der US-Airbase Ramstein eröffnet. Die Einrichtung mit ihren rund 50.000 Militärangehörigen ist der größte amerikanische Militärstützpunkt außerhalb der USA.



Von dieser "Drehscheibe" aus, so kritisieren Friedensorganisationen seit langem, transportieren die Amerikaner Soldaten und Kriegsgerät nach Afghanistan, in den Irak und auf andere weltweite Kriegsschauplätze. "Viele US-Soldaten leiden nach Kriegseinsätzen unter starken psychischen Problemen und Angstzuständen und suchen einen Weg, das Militär zu verlassen", sagt Chris Capps-Schubert. Der stille 28-jährige Texaner, der in Darmstadt stationiert war, desertierte, als ihn seine Vorgesetzten nach Afghanistan schicken wollten. Unehrenhaft wurde er aus der Armee entlassen. Seit mehreren Jahren sind er und seine Frau mit ihrem Verein Military Counseling Network (MCN) ehrenamtliche Berater für US-Soldaten, die den Militärdienst verweigern oder aus dem Militär ausscheiden wollen.



"Wir rufen US-Soldaten nicht dazu auf, ihren Dienst zu verweigern"

Der Verein, der vom Deutschen Mennonitischen Friedenskomitee und anderen Friedensinitiativen unterstützt wird, ist Teil eines globalen Netzwerks von Friedensgruppen. Kürzlich erhielt das Ehepaar Capps-Schubert den Friedenspreis der Arbeitsgemeinschaft Friedensgruppen in Rheinland-Pfalz. Immer mehr Soldatinnen und Soldaten der US-Armee suchten meist per E-Mail oder Telefon Hilfe, erzählen die Eheleute, die ursprünglich in Hanau lebten. Chris Capps-Schubert, der selbst als "Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen" das Räderwerk der US-Militärbehörden durchlief, will diesen rechtliche Beratung geben und Zugang zu einem Netzwerk aus Beratern, Ärzten, Psychologen und Anwälten vermitteln.



"Wir rufen US-Soldaten nicht dazu auf, ihren Dienst zu verweigern", macht Meike Capps-Schubert, eine ehemalige Erzieherin, deutlich. Der Aufruf zur Desertation sei nach deutschem und amerikanischem Recht strafbar. Vielmehr sei es das Ziel, Soldaten und ihre Familien zu informieren und in der US-Militärgemeinde einen Diskussionsprozess über die amerikanische Militärpolitik anzuregen.



In dem Lokal in der Nähe einer belebten Einkaufsstraße und vielen von US-Soldaten besuchten Kneipen solle angesprochen werden, was von den US-Militärs totgeschwiegen werde, sagt Meike Capps-Schubert. Unter den Teppich gekehrt werde, dass viele kampferprobte Soldaten unter psychischen Erkrankungen, Angstzuständen und Depressionen litten. Auch würden US-Soldatinnen immer wieder von Soldaten sexuell belästigt oder gar vergewaltigt.



Vorbild sind Coffeshops aus der Zeit des Vietnamkriegs

Vorbild für das "GI Café" in Kaiserlautern sind die zahlreichen Coffeeshops für US-Soldaten, die während des Vietnamkriegs in der Nachbarschaft zu Militärbasen in den USA, aber auch in Deutschland, entstanden. Schon damals seien die Friedensaktivitäten jenseits des Stacheldrahtzauns den Militärs und staatlichen Behörden ein Dorn im Auge gewesen, berichtet das Ehepaar. Soldaten seien gegängelt, als "Vaterlandsverräter" beschimpft worden. Heute gibt es noch zwei solcher Anlaufstellen in den USA.



Die Capps-Schuberts hoffen, dass sich ihr zu einem großen Teil aus Spenden finanziertes Lokal mit kulturellen Veranstaltungen zu einem freien Treffpunkt für Amerikaner und Deutsche entwickelt. Negative Reaktionen von deutschen oder amerikanischen Behörden gebe es bisher nicht. "Wir werden natürlich beobachtet", sagt Meike Capps-Schubert. "Wir haben keine Angst, aber wir müssen noch eine Glasversicherung abschließen." Die Vorsicht hat einen Grund: Unbekannte zertrümmerten in den beiden amerikanischen Coffeehouses die Fensterscheiben.