Niederländer wollen Kurse für deutsche Ärzte anbieten

Exportmodell Sterbehilfe?

Die niederländische Vereinigung für ein freiwilliges Lebensende zieht Sterbehilfe-Kurse für ausländische Ärzte in Betracht. Das kündigte die Direktorin der Vereinigung, Petra de Jong, in der Tageszeitung "Die Welt" an. Die Ärztin hat nach eigener Darstellung bereits von deutschen Medizinern Anfragen erhalten, wie Euthanasie durchgeführt wird. Gegner drängen nun auf ein schnelles Verbot der Suizidbeihilfe.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Petra de Jong  sieht im liberalen Umgang ihrer Landsleute mit Sterbehilfe ein Vorbild für andere Länder. In den Niederlanden gibt es seit 2002 ein Gesetz, das aktive Sterbehilfe erlaubt. Auch Deutschland braucht nach Ansicht der 58-Jährigen Medizinerin eine Regelung, das "Euthanasie transparent macht und die Qualität der Versorgung" verbessert. Mit solchen Argumenten hatte die NVVE seit den 90er Jahren auch die Legalisierung aktiver Sterbehilfe in den Niederlanden durchgefochten. Belgien und Luxemburg folgten mit ähnlichen Gesetzen.



In Deutschland ist aktive Sterbehilfe, die auch als "Tötung auf Verlangen" bezeichnet wird, verboten. Debatten gibt es allerdings über Beihilfe zum Suizid nach Schweizer Vorbild. Sie ist in der Bundesrepublik nicht verboten; wohl hat der Deutsche Ärztetag im Mai

2011 eine Berufsordnung verabschiedet, die Ärzten jede Beteiligung untersagt. Außerdem will die Politik verhindern, dass Suizidbeihilfe organisiert durchgeführt wird: Anfang März haben die Koalitionsspitzen aus CDU/CSU und FDP beschlossen, dass Geschäfte mit Sterbehilfe verboten werden sollen. Hierfür soll ein neuer Tatbestand im Strafgesetzbuch geschaffen werden, der eine gewerbsmäßige Förderung von Selbsttötung unter Strafe stellt.



Ärzte fordern schnelles Gesetz

Am Dienstag appellierte der Chef der Bundesärztekammer (BÄK), Frank Ulrich Montgomery, noch einmal an die Politik, schnell ein Gesetz vorzulegen. Darin müsse jede Form organisierter Sterbehilfe verboten werden, nicht nur die gewerbsmäßige. "Wir müssen Geschäftemachern mit dem Tod endlich das Handwerk legen", sagte Montgomery der "Berliner Zeitung". Es sei ein unerträglicher Zustand, "dass Menschen durch die Republik reisen und Sterbewilligen auf die Schnelle den Schierlingsbecher reichen".



Starke Worte - die allerdings vor dem Hintergrund der Aktivitäten des früheren Hamburger Justizsenators Roger Kusch und des von ihm gegründeten Sterbehilfevereins "SterbeHilfeDeutschland" Sinn machen. Der Verein, der nach eigenen Angaben mehr als 240 Mitglieder hat, will im vergangenen Jahr 27 Menschen in Deutschland bei einer Selbsttötung unterstützt haben. In einem kürzlich veröffentlichten "Weißbuch 2012" listet der Verein alle Fälle auf. Und er gibt offen zu, dass zahlreiche Betroffene nicht sterbenskrank waren, sondern lediglich unter psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Persönlichkeitsstörungen litten oder sogar gesund waren.



Mitgliedsbeitrag statt Honorar

Etwa Frau M., über 70, Witwe, kinderlos: Sie war, so heißt es im Weißbuch, 2011 körperlich wie neurologisch "in altersentsprechend tadelloser Verfassung". Weil sie es ablehnte, irgendwann ins Heim zu ziehen und "dass da andere an mir herumtatschen" -, wollte sie sich vorzeitig töten. Drei Monate später kam es laut Sterbehilfeverein zur "Suizidbegleitung".



Offen ist, ob die angekündigte Gesetzesinitiative der Politik solche Fälle verhindern könnte. Denn die FDP spricht sich lediglich für ein Verbot gewerbsmäßiger Suizidbeihilfe aus. Mit seinem Verein nimmt Kusch für Beihilfe zum Suizid zwar keine Honorare mehr, verlangt dafür aber Mitgliedsbeiträge. Für Montgomery steht deshalb fest: "Wenn wir verhindern wollen, dass solche Organisationen unter anderem Rechtsstatus weiter ihren Geschäften nachgehen, muss jede Form der organisierten Sterbehilfe verboten werden."