Ostermarschierer fordern Ende von Krieg und Gewalt

Für den Frieden und ein bisschen auch für Grass

Gegen Krieg, gegen Militäreinsätze im Ausland, gegen Waffenexporte: In Deutschland sind am Osterwochenende Tausende bei den traditionellen Ostermärschen mitgelaufen und haben für Frieden demonstriert. Bei nasskaltem Wetter war die Beteiligung aber oft dürftig. Solidarisch erklärte sich die Bewegung mit Schriftsteller Günter Grass.

 (DR)

Die Ostermarschierer prangerten die "Kriegspropaganda" im Westen gegen Iran und Syrien an sowie den nun zehnjährigen Bundeswehreinsatz in Afghanistan. Es gab etwa 80 Märsche, die durch 100 Städte führten, wie die Friedensbewegung bilanziert.



Grass erhielt unter einigen Ostermarschierern Zustimmung

Im Mittelpunkt der Kundgebungen von Karfreitag bis Ostermontag standen zudem die Spannungen zwischen Israel und Iran. Dabei erhielt der Schriftsteller Günter Grass Zustimmung für sein israelkritisches Gedicht. Nach Veranstalterangaben beteiligten sich etwas weniger Menschen an den Kundgebungen als in den Vorjahren. Grund sei unter anderem das vielerorts schlechte Wetter gewesen.



Zum Abschluss der Ostermärsche fanden am Montag Demonstrationen unter anderem in Frankfurt, Friedrichshafen, Hamburg, Jülich, Kassel, Landshut, Marburg, München, Nürnberg und Wismar statt. In Dortmund ging der dreitägige Ostermarsch Rhein-Ruhr mit einem großen Friedensfest zu Ende.



Grass-Einreiseverbot sei "unsouveräne Reaktion"

Die Friedensaktivisten sprachen sich unter anderem für eine atomwaffenfreie Zone im Nahen Osten aus. Der Sprecher des Ostermarschbüros Frankfurt, Willi van Ooyen, forderte die Bundesregierung auf, sich für einen friedlichen Dialog in der Region einzusetzen. Das Gedicht von Günter Grass habe dazu beigetragen, die Diskussion über eine gewaltfreie Lösung des Konfliktes zwischen Israel und Iran auf die Tagesordnung zu heben, sagte er.



Das "Netzwerk Friedenskooperative" bezeichnete das von der israelischen Regierung ausgesprochene Einreiseverbot für Grass als "unsouveräne Reaktion". Damit würde auch jede Möglichkeit ausgeschlossen, dass der 84-Jährige sich Streitgesprächen in Israel stellen könnte. Der vieldiskutierte Vorstoß von Grass biete "die Möglichkeit für einen Ideenwettbewerb um eine friedliche Lösung des Atomkonflikts Israels und des Westens mit dem Iran", hieß es weiter.



Fliegerhorst Büchel: Pax Christi protestiert gegen Atomwaffen

Vor dem Bundeswehr-Fliegerhorst Büchel demonstrierten am Montag rund 120 Menschen unter dem Motto "Keine Modernisierung von Atomwaffen". "Jede Atomwaffe hier oder sonstwo in der Welt ist eine zuviel. Darum demonstrieren wir hier", sagte Joachim Willmann von Pax Christi in Wittlich. "Mit einer Modernisierung von Atomwaffen wie den hier gelagerten in Büchel sinkt die Schwelle, sie einzusetzen und es wächst deren Gefahr und die Bedrohung durch Atomwaffen", warnte Elke Koller vom örtlichen Initiativkreis gegen Atomwaffen.



Nach unbestätigten Berichten sollen in der Eifel die letzten taktischen US-Atomwaffen in Deutschland lagern. Büchel wäre damit der einzige Atomwaffenstandort in Deutschland.



Einreiseverbot für Grass - Diskussion ebbt nicht ab

Die Debatte um Günter Grass und sein umstrittenes Gedicht sorgt weiterhin für Aufsehen. Israel erklärte am Sonntag Günter Grass zur Persona non grata. Der Literaturnobelpreisträger ist wegen seines umstrittenen Gedichts in dem Land nicht mehr willkommen. Der israelische Innenminister Eli Jischai erklärte den 84-jährigen Schriftsteller zur unerwünschten Person. Das Gedicht von Grass sei ein Versuch, "Hass gegen den Staat Israel und das israelische Volk" zu schüren, zitierte die "Jerusalem Post" (Online-Ausgabe) den Minister. Der frühere israelische Botschafter in Berlin, Avi Primor, kritisierte das Einreiseverbot indes als "ein bisschen hysterisch".



Grass hatte in seinem am vergangenen Mittwoch veröffentlichten Gedicht "Was gesagt werden muss" Israel vorgeworfen, den Weltfrieden zu gefährden, indem die Atomacht den Iran mit einem "Erstschlag" bedrohe. Der israelische Innenminister Jischai verurteilte das Gedicht und erinnerte zudem an den Dienst von Grass in den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges in der Waffen-SS. Dies ist nach einem Bericht der israelischen Zeitung "Haaretz" der offizielle Grund für das Einreiseverbot.



Ex-Botschafter Primor: Einreiseverbot populistisch motiviert

Der frühere israelische Diplomat Primor sagte am Sonntag in den ARD-"Tagesthemen" zu der Entscheidung Jischais: "Ich glaube, dass der Innenminister gar nichts von Deutschland versteht." Jischai betreibe Innenpolitik, das Einreiseverbot für Grass sei populistisch motiviert. Ein Antisemit sei der deutsche Schriftsteller nicht. Dennoch sei sein Gedicht lächerlich, weil Iran hundertmal größer sei als Israel.



Grass erklärte derweil in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" (Osterausgabe), er würde nun seine Kritik präziser formulieren. Er hätte deutlicher zum Ausdruck bringen sollen, dass er die Politik der derzeitigen Regierung Israels habe treffen wollen: "Die kritisiere ich: Eine Politik, die gegen jede UN-Resolution den Siedlungsbau fortsetzt. Ich kritisiere eine Politik, die Israel mehr und mehr Feinde schafft und das Land mehr und mehr isoliert."



Im domradio.de-Interview hatte der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke, bei der Deutschen Bischofskonferenz zuständig für den interreligiösen Dialog, enttäuscht von Grass gezeigt. "Die Karwoche, Karfreitag, Kreuzigung Christi, Juden und dann so ein Gedicht, das solche alten Ressentiments vielleicht auch nochmal neu schüren und fördern kann. Das ist furchtbar", urteilte Jaschke.