Nach Terror von Toulouse rechnet Auslandsseelsorger mit Rechtsextremismus-Debatte in Frankreich

"Jetzt wird man sensibler"

Nach den Morden an einer jüdischen Schule in Toulouse steht Frankreich unter Schock. Im domradio.de-Interview erwartet der deutsche Auslandsseelsorger in Südfrankreich, Bruder Peter Arnold, eine Debatte über Rechtsextremismus.

 (DR)

domradio.de: Wie haben die Menschen in Ihrem Umkreis auf die schrecklichen Nachrichten reagiert?

Arnold: Die Menschen sind hier schockiert. Und fragen sich: Wie kann man Kinder töten? Wie Unschuldige? Heute Vormittag um 11 Uhr wurde an allen Schulen im Land den Opfern mit einer Schweigeminute gedacht.



domradio.de: Was sagen die Menschen über die Tat und den Täter?

Arnold: Manche sagen: Das ist ein Verrückter. Das ist die einfache Sicht auf die Dinge. Bislang wurde der Rechtsradikalismus in Frankreich wenig wahrgenommen. Auf diesem Auge ist man hier ein wenig blind und denkt, Nazis gibt es nur in Deutschland. In diesem Punkt wird man jetzt sensibler. Die Bischöfe haben zu mehr Wachsamkeit aufgerufen.



domradio.de: Vermutlich handelt es sich um einen Einzeltäter. Zeitungen berichten, er habe eine Kamera um den Hals getragen, um seine Tat zu filmen. Haben Sie die Angst, dass es Nachahmer geben wird?

Arnold: Vor allem die Eltern, die ihre Kinder zur Schule bringen, haben Angst. Angst, dass auch in ihrem Ort "so ein Verrückter" auftaucht.



domradio.de: Die Tat fällt in den Präsidenten-Wahlkampf. Der amtierende Präsident Nicolas Sarkozy hatte zuletzt rechtspopulistische Töne angeschlagen und vor zu vielen Ausländern im Land gewarnt. Spüren Sie eine aggressive Stimmung gegen Einwanderer?

Arnold: Da wird schlicht Politik gemacht, das ist eine Reaktion auf die Rechtsextreme Marine Le Pen. Aber selber nehme ich da nichts war. Auch nicht meine Haushälterin mit marokkanischen Wurzeln sagt das.



domradio.de: Sarkozy kam gestern sehr schnell nach Toulouse, auch sein Herausforderer Francois Hollande war sehr bald zur Stelle. Halten Sie das für angemessen, dass gleich beide Präsidentschafts-Kandidaten Flagge zeigen?

Arnold: Das müssen sie. Auch um zu sagen: Hier sind die Grenzen. Auch in Frankreich wird die jüdische Frage sehr sensibel behandelt, auch deshalb müssen sie da sein.



Das Gespräch führte Monika Weiß.