Umweltorganisation WWF zum Stillstand beim Recht auf Wasser

Nicht im Fluss

Vor einem Rückschritt bei der weltweiten Wasserversorgung warnt die Umweltorganisation WWF zum Auftakt des Weltwasserforums in Marseille. Die globale Wasserkrise sei schon viel zu dramatisch, urteilt WWF-Sprecher Roland Gramling im domradio.de-Interview. Die Landwirtschaft als größter Wasserverbraucher müsse stärker in die Pflicht genommen werden. Mit Blick auf das Weltwasserforum forderte auch der Vatikan freien Zugang zu sauberem Trinkwasser für die gesamte Weltbevölkerung.

 (DR)

domradio.de: Was erhoffen Sie sich vom Weltwasserforum in Marseille?

Roland Gramling (WWF): Wir erhoffen uns ein klares Signal an die UN-Staatengemeinschaft, dass das Menschenrecht auf Wasser endlich umgesetzt und Realität wird. Es muss eine Abschlusserklärung geben, die auch auf den Umweltgipfel in Rio im Juni hinarbeitet und die endlich verbindliche Ziele festlegt.



domradio.de: Kritiker werfen dem Weltwasserrat vor, Lobbyarbeit für die große Konzerne zu machen. Der Präsident des Rates ist Chef eines der größten Wasserversorger Frankreichs. Wird bald weltweit das Wasser privatisiert?

Gramling: Der WWF ist extra hier vor Ort, um diesen ganzen politischen Prozess kritisch zu begleiten und ich denke, auf das Ziel, dass man dieses Menschenrecht auf Wasser für alle Menschen Wirklichkeit werden lässt, darauf kann man sich schon einigen. Nur über die Wege dorthin, gibt es wahrscheinlich unterschiedliche Vorstellungen. Für uns ist ganz klar: Möchte man allen Menschen Zugang zu sauberen Trinkwasser ermöglichen, dann geht das nur, wenn man die Ökosysteme, die dieses Wasser bereitstellen, endlich effektiv schützt.



domradio.de: Welche Vorschläge macht der WWF, wie man zu dem Ziel kommen kann?

Gramling: Der WWF ist in verschiedenen Expertenanhörungen dabei, allerdings haben wir schon beim letzten Weltwasserforum kritisiert, dass die Abschlusserklärung viel zu weich war, voller Plattitüden. Wir können uns einfach nicht leisten, dass wir jetzt nach drei Jahren schon wieder ein Weltwasserforum haben, das keine effektiven Ziele vereinbart. Dafür ist diese globale Wasserkrise, in der wir uns befinden, einfach schon viel zu dramatisch. Man geht immer davon aus, dass wenn man in Europa genug Wasser hat, dass wir keine Wasserkrise haben, aber die Realität sieht natürlich in Afrika, in Asien auch in Teilen Südamerikas ganz anders aus.



domradio.de: Welches Ziel haben Sie denn konkret im Hinterkopf?

Gramling: Zum Beispiel, dass endlich angefangen wird, die Landwirtschaft als größten Wasserverbraucher weltweit in die Pflicht zu nehmen. Wir haben ganz konkret die Forderung, dass Agrarsubventionen nur noch an eine nachhaltige und legale Bewässerung gekoppelt werden, wenn man das durchsetzen könnte, wäre schon mal viel gewonnen.



(Das Interview führte Dagmar Peters, domradio.de)



Hintergrund: Das Recht auf Wasser und Sanitärversorgung wurde 2010 nach Verhandlungen durch die UN-Generalversammlung und den UN-Menschenrechtsrat offiziell anerkannt. Auf dem Weltwasserforum beraten alle drei Jahre Vertreter von Regierungen, internationalen Nichtregierungsorganisationen und aus der Wissenschaft über weltweite Probleme in der Wasser- und Sanitärversorgung.