Kirche ruft zu weiterer Solidarität mit Japanern auf

Umsteuern in der Energiepolitik

Ein Jahr nach der Fukushima-Katastrophe haben die katholischen Bischöfe die Deutschen zu weiterer Solidarität mit den Opfern in Japan aufgerufen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, bekräftigte am Wochenende in Bonn zugleich die Forderung der Kirche nach einem Umsteuern in der Energiepolitik.

 (DR)

"Auch ein Jahr nach diesem Unglück bedürfen die Menschen in Japan weiterhin unserer Solidarität und Unterstützung", sagte der Freiburger Erzbischof. Der Chef der katholischen Hilfsorganisation Caritas international, Oliver Müller, sagte im NDR, in Japan seien immer noch zwischen 100.000 und 300.000 Menschen von externer Hilfe abhängig. Selbst ein hoch technisiertes Land wie Japan habe einsehen müssen, dass es eine solche Katastrophe nicht allein bewältigen könne. Deshalb sei Hilfe von außen inzwischen hoch willkommen.



Zollitsch betonte, die christliche Schöpfungsverantwortung verpflichte die Christen, "dafür einzutreten, die von Gott geschenkte Erde für alle Geschöpfe als zukunftsfähiges Lebenshaus zu bewahren". Deshalb sei ein Umsteuern in der Energiepolitik nötig. Nachhaltiges Handeln verlange die Solidarität mit gegenwärtigen und nachfolgenden Generationen. Konkret sprach sich der Konferenzvorsitzende für ein Bündel von Maßnahmen aus: Es gelte, den Energieverbrauch zu verringern, die Effizienz der Energienutzung zu verbessern und die Suche nach alternativen Energien mit aller Kraft voranzutreiben.



Tiefe Verunsicherung

Müller verwies auf die enge Zusammenarbeit von Caritas international mit der japanischen Caritas. Dabei zeige sich, dass viele von der Katastrophe betroffene Japaner inzwischen tief verunsichert seien. "Viele der Betroffenen sind nach wie vor sehr unzufrieden mit dem Katastrophenmanagement der Regierung, weil vor allem, was den Wiederaufbau betrifft, viele Entscheidungen noch fehlen", betonte er. "Die Menschen wissen nicht, wohin sie sollen, sie wissen nicht, ob sie in ihre Orte zurückkehren können."



Die Zusammenarbeit zwischen der japanischen Regierung und den Hilfsorganisationen sei anfangs nicht gut verlaufen, fügte der Caritas-international-Chef hinzu. "Das hing auch einfach damit zusammen, dass die staatlichen Stellen die Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen überhaupt nicht gewohnt waren." Das habe sich aber inzwischen verbessert. "Gleichwohl sind hinter der Oberfläche schon viele Probleme zu spüren und die Lage wird auch schwieriger. Es ist schon ein Unterschied, ob man ein halbes Jahr in so einem zugigen Container aushält oder ob man die Perspektive hat, dass da vielleicht nochmal zwei Jahre dazu kommen."



Bewegende Gedenkfeier für die Opfer in Fukushima

Knapp 200 Menschen haben am Sonntag bei einer bewegenden Gedenkfeier im buddhistischen Shin-Tempel in Düsseldorf der Opfer des Erdbebens und des Tsunamis vor einem Jahr in Japan gedacht. Der Direktor des Kulturvereins und Hauptpriester der Shin-Gemeinde, Takao Aoyama, erklärte, die Japaner in Deutschland seien nach wie vor "tief betroffen" von den Folgen der Katastrophe in Fukushima. Sie seien zugleich dankbar für die große Hilfsbereitschaft gerade auch in Deutschland. Auch in Duisburg und Dortmund gab es am Sonntag Gedenkveranstaltungen.



Er sei dankbar dafür, dass die Deutschen "auch in Zeiten des Kummers und des Leids an der Seite der Japaner gestanden" hätten, sagte der 73-jährige Aoyama, der lange Jahre an der Universität der vom Tsunami besonders hart getroffenen Stadt Sendai lehrte. So sei die geplante Frühlingsfeier im Shin-Tempel am 13. März vergangenen Jahres durch die Katastrophe in Japan zur Trauerfeier geworden. In Benefizkonzerten und Trauerfeiern hätten die Menschen in Deutschland nach der Katastrophe ihre Solidarität zum Ausdruck gebracht.



Im Umfeld der nordrhein-westfälische Landeshauptstadt leben und arbeiten rund 8.000 Japaner. Nach London und Paris ist Düsseldorf damit die drittgrößte japanische Gemeinde in Europa. Der Sprecher des Japanischen Clubs Düsseldorf, Yasuo Inadome erklärte, in Kürze das vor einem Jahr eingerichtete Spendenkonto für die Opfer-Region geschlossen. Bislang seien mehr als 110.000 Euro von Düsseldorfer Bürgern gespendet worden.



Ein Jahr nach dem Atomunglück im japanischen Fukushima steht die Energiepolitik der Bundesregierung heftig in der Kritik. Umweltschützer kritisieren ebenso wie SPD und Grüne, die Energiewende laufe zu langsam. Auch EU-Energiekommissar Oettinger und Ex-Umweltminister Töpfer sind unzufrieden. Bundeskanzlerin Merkel und die zuständigen Minister hingegen verteidigen ihr Vorgehen. SPD-Chef Gabriel kritisierte, die Vorbereitungen für die Energiewende stünden auf Stufe Null. Nach dem Ausstiegsbeschluss scheine die Merkel-Koalition ihre Arbeit eingestellt zu haben, sagte er der Zeitung "Sonntag Aktuell".



Tausende Menschen bilden 80 Kilometer Lichterkette gegen die Atomkraft

Mit einer rund 80 Kilometer langen Lichterkette haben am Sonntagabend in Niedersachsen nach Angaben der Veranstalter mehr als 24.000 Atomkraftgegner am ersten Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Fukushima gegen die Kernkraft demonstriert. Ab

19 Uhr erstrahlte die Kette zwischen den atomaren Endlagern Asse bei Wolfenbüttel und dem Schacht Konrad bei Salzgitter sowie der Braunschweiger Firma Eckert & Ziegler, die radioaktive Abfälle aus Medizin und Forschung verarbeitet. Die Lichteraktion bildete den Höhepunkt zahlreicher Anti-Atomkundgebungen bundesweit.



Bereits zwei Stunden vorher hatten sich die ersten Atomkraftgegner bei Auftaktveranstaltungen unter dem Motto "Der Asse-Müll muss RAUS - Atomanlagen AUS" in Braunschweig-Thune, am Braunschweiger Schloss, am Stadtmarkt in Wolfenbüttel und direkt am Schacht Konrad auf die Demonstration eingestimmt. "Die Lichterkette soll zugleich die Geschlossenheit und auch die bunte Vielfalt im Kampf gegen Atomkraft verdeutlichen", sagte Mit-Organisator Peter Dickel. "Ein Blick auf die vielen verschiedenen Aktionen entlang der Strecke zeigt, dass uns das voll und ganz gelungen ist."



Live-Bands, Samba-Gruppen oder Chöre begleiteten die Aktion an der Lichterkette. Unterstützer versorgten die Teilnehmer mit Infomaterial und Fackeln. Vereinzelt wurden auch große, hölzerne A"s in Brand gesteckt. Das gelbe A ist das Erkennungszeichen der Protestgruppe "aufpASSEn". Es ist in der Region um die Asse an vielen Häusern als mahnendes Zeichen angebracht. In der maroden Asse lagern rund 126.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Müll. Das Lager ist einsturzgefährdet, täglich dringen knapp 12.000 Liter Lauge ein.



Bundesweit hatten den ganzen Tag über Zehntausende Kernkraftgegner protestiert. Die Veranstaltungen standen unter dem Motto: "Fukushima mahnt: Atomanlagen jetzt abschalten!" In Hannover kamen nach Veranstalterangaben etwa 6.000 Menschen zu Kundgebung und Schweigeminute zusammen. Am Atomkraftwerk Neckarwestheim (Landkreis Heilbronn) demonstrierten etwa 5.000 Menschen. Hunderte aus Papier gefaltete Kraniche wurden eingesammelt, um sie nach Japan zu schicken. In dem asiatischen Land gilt der Kranich als Hoffnungszeichen.