Anglikaner-Primas besucht Papst in Rom

Das Pendel schlägt wieder um

Papst Benedikt XVI. und Anglikaner-Primas Rowan Williams feiern am Samstag einen Abendgottesdienst in Rom. Radio-Vatikan-Redakteur Stefan Kempis bewertet im domradio.de-Interview das Treffen als positive Entwicklung in den wechselhaften Beziehungen beider Religionen.

Papst Benedikt XVI. und Anglikaner-Bischof Williams (DR)
Papst Benedikt XVI. und Anglikaner-Bischof Williams / ( DR )

Die Beziehungen zwischen Katholiken und Anglikanern seie von einem "Wechselspiel starker symbolischer Gesten, eines sehr guten theologischen Dialogs und immer wieder vorkommenden Irritationen und Spannungen im praktischen Leben beider Religionen geprägt", so Kempis am Freitag (09.03.2012). "Es ist ein Hin und Her. Und morgen schlägt das Pendele wieder auf die glückliche Seite."



Nach dem gemeinsamen Gebet in der katholischen Kirche San Gregorio, einer Pilgerstätte für anglikanische Christen, wollen die beiden Kirchenführer am Samstagabend in der Zelle des heiligen Gregor ein Licht entzünden und ein keltisches Kreuz als Zeichen der Einheit aufstellen. Zuvor wird Williams zu einem Gespräch mit Benedikt XVI. im Vatikan erwartet.



Historisch bedeutender Ort

Die nahe dem Kolosseum gelegene Kirche San Gregorio auf dem Caelius ist für Katholiken und Anglikaner ein historisch bedeutender Ort. Das Gotteshaus steht an der Stelle des früheren Sitzes von Papst Gregor I. (590-604). Dieser sandte von dort den Benediktinermönch Augustinus zur Mission der Angelsachsen aus. Er wurde der erste Erzbischof von Canterbury und damit Williams" erster Amtsvorgänger.



Mit dem ökumenischen Treffen erinnern Benedikt XVI. und Williams an das 1.000-jährige Bestehen der Mönchsgemeinschaft der Kamaldulenser auf dem Caelius. Sie hatten ein von Gregor I. gegründetes Benediktinerkloster im 16. Jahrhundert übernommen. Der anglikanische Primas will im Rahmen seines mehrtägigen Besuchs auch die traditionsreiche Benediktinerabtei Montecassino besuchen.



Katholiken ermöglichen 2009 Übertritt

Erst Anfang des Jahres hatte der Vatikan in den USA eine eigene Kirchenstruktur für zum Katholizismus übergetretene Anglikaner geschaffen. Die Glaubenskongregation errichtete für das Gebiet der US-amerikanischen Bischofskonferenz ein sogenanntes Personalordinariat für Anglikaner. Es ist das zweite Mal, dass der Vatikan eine solche Möglichkeit schafft. Als erste derartige Einrichtung hatte er am 15. Januar das Personalordinariat "Our Lady of Walsingham" in der katholischen Kirche von England und Wales gegründet.



Benedikt XVI. hatte im November 2009 die Möglichkeit für anglikanische Christen geschaffen, unter weitgehender Beibehaltung ihrer Tradition zur katholischen Kirche überzutreten. Dafür richtete er eine eigene Kirchenstruktur ein, sogenannte Personalordinariate. Als erstes Personalordinariat wurde "Our Lady of Walsingham" gegründet und der frühere anglikanische Bischof Newton zum Leiter bestimmt. Newton selbst war am 1. Januar 2011 in die katholische Kirche eingetreten; am 15. Januar empfing er die katholische Priesterweihe.