Verbände und Hilfswerke zum Weltfrauentag

Weltweite Chancengleichheit

Zum Weltfrauentag mahnen Politiker und Menschenrechtler zu mehr Gleichberechtigung. Der katholische Dachverband Caritas Internationalis fordert Regierungen zu einem besseren Schutz von Migrantinnen auf. Die rund 104 Millionen Frauen, die im Ausland ihr Glück suchten, erlebten "zu oft" Betrug und Missbrauch. In Deutschland setzt sich der katholische Jugendverband BDKJ für eine verbindliche Frauenquote in der Berufswelt ein.

 (DR)

"Die Energie, das Talent und die Stärke der Frauen und Mädchen ist die wertvollste, unerschlossene natürliche Ressource der Menschheit", erklärte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon am Mittwoch in New York.



Besonders Frauen in den ländlichen Regionen litten unter Benachteiligung wie etwa dem mangelnden Zugang zu Kapital und Gerätschaften. Würden diese Defizite beseitigt, könnten 150 Millionen Menschen vom Hunger befreit werden, so Ban.



UN stellen Bedürfnisse von Frauen aus ländlichen Regionen in den Mittelpunkt

Der Weltfrauentag geht auf Gewerkschaftsbewegungen vom Anfang des 20. Jahrhunderts zurück. Seit 1977 ist der Tag, der am 8. März begangen wird, von den Vereinten Nationen anerkannt. In diesem Jahr stehen die Bedürfnisse von Frauen und Mädchen aus ländlichen Regionen im Mittelpunkt.



Auch in der EU sind laut Angaben des EU-Statistikamtes Eurostat Frauen öfter von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht als Männer.



Im Jahr 2010 waren dies in den 27 Staaten der Union 62 Millionen Frauen (24,5 Prozent) und 54 Millionen Männer (22,3 Prozent). In Deutschland standen Eurostat zufolge 20,9 Prozent der Frauen und 18,6 Prozent der Männer vor Armut und sozialer Ausgrenzung.



Rechte von Frauen in Entwicklungsländern stärken

Hilfsorganisationen mahnten Deutschland und die internationale Staatengemeinschaft, die Rechte von Frauen in Entwicklungsländern zu stärken. So seien in Afrika die Landnutzungs- und Eigentumsrechte von Frauen besonders dadurch gefährdet, dass internationale Konzerne fruchtbares Ackerland in großem Maßstab aufkauften, erklärte das evangelische Hilfswerk Brot für die Welt. Ähnlich äußerte sich die Menschenrechtsorganisation FIAN. "Das Recht von Frauen auf Nahrung ist eines der am meisten verletzten Rechte in der Welt." Oxfam betonte, Frauen produzierten trotz aller Schwierigkeiten mehr als die Hälfte der Nahrungsmittel weltweit. Sie leisteten damit einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherheit.



Auch die Organisation für Islamische Zusammenarbeit betonte die internationale Pflicht, Frauen im Kampf gegen Armut zu unterstützen. Besonders sie seien von Hunger und Elend betroffen. Mittel wie Mikrokredite sollten gezielt an Frauen gehen, so die OIC. "Unser Ziel muss es sein, den Entwicklungsprozess an die Türschwellen ländlicher Frauen zu tragen."



Caritas: Schutz von Migrantinnen

Caritas Internationalis hat Regierungen und Sozialeinrichtungen zu einem besseren Schutz von Migrantinnen aufgefordert. Die Misshandlungen von Migrantinnen, wie etwa Schläge gegen Hausangestellte, Zwangsprostitution oder sklaverei-ähnliche Arbeitsverträge in der Landwirtschaft, passierten oft im Verborgenen, heißt es in einem Bericht. Regierungen müssten Frauen schützen, indem sie diese etwa bereits vor der Abreise berieten und Flüchtlinge registrierten. Der Dachverband kritisierte, dass Frauen oft Gefängnis drohe, wenn sie vor ausbeuterischen Arbeitgebern flüchteten, da ihre Arbeitserlaubnis an diese gekoppelt sei. Zudem solle die Politik dafür Sorge tragen, dass die von den Frauen im Heimatland zurückgelassenen Kinder sozialen Schutz erhielten.



Der Zentralrat der Muslime in Deutschland fordert mehr Chancengleichheit für muslimische Frauen, die ein Kopftuch tragen. Gerade ihnen würden selbst bei hoher Qualifikation viele Steine in den Weg gelegt, erklärte der Verband am Mittwoch in Köln. "Es kann nicht angehen, dass diese Frauen aufgrund ihrer Religion zu den am stärksten benachteiligten Gruppen in der Gesellschaft zählen und von der Arbeitswelt quasi ausgeschlossen werden", mahnte Generalsekretärin Nurhan Soykan.



Neue Debatte um verbindliche Frauenquote

Zum Weltfrauentag ist die Diskussion um eine verbindliche Frauenquote in der Berufswelt neu entfacht. Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) setze sich für die vollständige Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der bundesdeutschen Gesellschaft ein. Zugleich wende er sich "gegen immer noch vorherrschende Ungerechtigkeiten wie ungleiche Bezahlung, die Schwierigkeiten bei Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie strukturelle Benachteiligung von Frauen bei der Besetzung von Führungspositionen".



Frauen arbeiten nach einem Zeitungsbericht zufolge doppelt so häufig für einen Niedriglohn wie Männer. Im Jahr 2010 habe jede dritte vollzeitbeschäftigte Frau weniger als 1.802 Euro brutto im Monat verdient, wie die "Saarbrücker Zeitung" (Donnerstagsausgabe) unter Berufung auf eine Statistik der Bundesarbeitsagentur berichtet.



Diese Bruttosumme wurde von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in jenem Jahr als Niedriglohnschwelle definiert. Von den Männern sei jeder sechste betroffen gewesen.



Der Anteil der Frauen in Niedriglohnsektor betrug 34 Prozent. Der Anteil der Männer lag der Zeitung zufolge bei 16 Prozent. Die Arbeitsmarktexpertin der Grünen, Brigitte Pothmer, verwies in dem Bericht auf den hohen Anteil qualifizierter Frauen. 80 Prozent der Frauen im Niedriglohnsektor verfügten über eine ordentliche Berufsausbildung. "Aber ihre Qualifikationen und Potenziale werden trotz des wachsenden Fachkräftebedarfs vergeudet", sagte sie.



Die Chancen für eine Frauenquote in die Führungsetagen der deutschen Wirtschaft stehen jedoch schlecht. Die FDP erteilte solchen Vorhaben am Mittwoch eine klare Absage. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) glaubt nicht an eine Einigung in der Koalition. EU-Justizkommissarin Viviane Reding, die im Sommer Vorschläge für eine EU-weite Frauenquote vorlegen will, zeigte sich am Tag vor dem Weltfrauentag enttäuscht über das "Schneckentempo" in Europa bei dem Thema.