Arbeitsagentur wirbt für legale Beschäftigung von Haushaltshilfen aus Osteuropa

Lückenbüßerinnen im Pflegesystem

In deutschen Haushalten werden osteuropäische Pflegerinnen oft schwarz und zu Dumpinglöhnen beschäftigt. Die Bundesagentur für Arbeit zeigt mit wenig Erfolg legale Wege auf.

Autor/in:
Claudia Rometsch
 (DR)

Jahrelang hat Helmut Seibert (Name geändert) seine Frau Gertrud zu Hause gepflegt. Dann schaffte er das nicht mehr alleine und holte die Polinnen Maria und Olga in sein Haus. Er bezahlt sie anständig - was offenbar selten ist in Deutschland. Obwohl viele der Haushaltshilfen in Deutschland aus EU-Ländern stammen, arbeitet ein Großteil der Frauen schwarz. Für Helmut Seibert kam das nicht infrage. Er meldete Maria und Olga offiziell an. Sie erhalten ein festes Monatsgehalt sowie freie Kost und Logis.



Arbeitgeber riskieren Strafverfahren

Inklusive Sozial- und Unfallversicherung kosten Seiberts Helferinnen rund 1.500 Euro im Monat. Eine Summe, die viele Familien für die private Betreuung ihrer Angehörigen nicht aufbringen können oder wollen. Deshalb sind viele osteuropäische Pflegerinnen zu Dumpinglöhnen von 700 Euro beschäftigt, ohne versichert zu sein. Ihre Arbeitgeber riskieren Bußgelder und ein Strafverfahren.



Eine ausländische Haushaltshilfe legal zu beschäftigen, ist einfach. Die Bundesagentur für Arbeit hilft sogar kostenlos dabei.

"Wir vermitteln Haushaltshilfen aus EU-Ländern, und zwar überwiegend aus Osteuropa", sagt Beate Raabe von der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) in Bonn, der zuständigen Stelle der Bundesagentur für Arbeit. Interessenten können einfach bei der ZAV anfragen. "Wir schauen dann in unserem Bewerberpool nach geeigneten Kandidatinnen", erklärt Raabe.



Gehaltsvorgabe: 1.300 - 1.900 Euro brutto

Das Gehalt wird zwischen dem Arbeitgeber und der Haushaltshilfe vereinbart. Die ZAV empfiehlt aber einen Monatslohn nach dem Tarif des Deutschen Hausfrauenbundes. Der beträgt je nach Bundesland 1.300 bis 1.900 Euro brutto. Bei den Vermittlungen durch die ZAV werde diese Gehaltsvorgabe in der Regel auch eingehalten, beobachtet Raabe.



Dennoch dürfte eine Bezahlung nach Tarif insgesamt eher die Ausnahme sein. Denn die ZAV vermittelt pro Jahr nur knapp 2.000 osteuropäische Frauen an Seniorenhaushalte.



Nach einer Studie des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung in Köln aus dem Jahr 2009 leisteten seinerzeit etwa

100.000 mittel- und osteuropäische Beschäftigte in deutschen Haushalten Betreuungsarbeit. Von ihnen waren lediglich zwei Prozent regulär angestellt. In der Regel kämen die Helferinnen über Agenturen nach Deutschland, beobachtet Helma Lutz, Sozialwissenschaftlerin an der Frankfurter Johann-Wolfgang-Goethe-Universität. Aber die arbeiteten häufig in einer juristischen Grauzone.



Manche Frauen kommen auch über private Kontakte ins Land. Nur sehr vereinzelt vermitteln Wohlfahrtsverbände osteuropäische Haushaltshilfen. Eine der wenigen Initiativen hat die Diakonie Württemberg mit ihrer Aktion FairCare gestartet, die legale Haushaltshilfen aus Osteuropa vermittelt und sich für die Rechte der Frauen einsetzt.



Caritas hilft bei Vermittlung polnischer Haushaltshilfen

In einigen Städten und Gemeinden bietet die Caritas mit ihrer Aktion Caritas 24 die Vermittlung polnischer Haushaltshilfen an.

durch die Zusammenarbeit mit der polnischen Caritas soll gewährleistet werden, dass die Frauen ihre eigene Familie nicht unversorgt zurücklassen müssen, um in Deutschland zu arbeiten. Und gerade das sei ein häufiges Problem, sagt Helma Lutz, die zahlreiche Interviews mit osteuropäischen Haushaltshilfen führte: "Sie versuchen immer wieder die eigene Familienarbeit mit der Pflegearbeit hier zu verbinden, was eine wahnsinnige Belastung ist."



Wenn Maria in Deutschland arbeitet, muss sie sich keine Sorgen um ihre drei Kinder machen, die alle schon erwachsen sind. Die Familie braucht das Geld aus Deutschland. "Mein Mann verdient zu wenig. Und auch meine Kinder unterstütze ich", sagt die 46-Jährige. Marias Freundin Olga, mit der sie sich alle drei Monate bei den Seiberts abwechselt, arbeitet in Deutschland, um eine teure Operation für ihren herzkranken Mann zu bezahlen zu können.



Oft seien die Arbeitsbedingungen der Haushaltshilfen sehr schlecht, sagt Lutz. Manche Frauen pflegten Senioren ganz alleine rund um die Uhr. Und weil sie oft schwarz arbeiteten, könnten sie sich auch kaum gegen Ausbeutung wehren.