Kirche will im Streit um das kirchliche Arbeitsrecht Zahlen vorlegen

Bischöfe verteidigen "Dritten Weg"

Es ist ein alter Streit: Geht es den rund 1,3 Millionen Angestellten der Kirchen in Deutschland schlechter als ihren Kollegen bei anderen Arbeitgebern? Nein, sagen die Bischöfe - und gehen in die Offensive.

Autor/in:
Christoph Renzikowski
 (DR)

Gewerkschafter wie die Leute von ver.di sagen ja und fordern die Abschaffung der kirchlichen Sonderwege bei der Tariffindung. Und sie finden Rückhalt für ihre Forderungen bei den Grünen und der Linkspartei, die das Thema im März erneut auf die Agenda des Bundestags gesetzt hat.



Am Dienstag ging der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz außerhalb der Tagesordnung der Frühjahrsvollversammlung in Regensburg in die Offensive. Die Kirche zahle "in der Regel" besser, betonte er. Sie gehe außerdem gegen die wenigen schwarzen Schafe in den eigenen Reihen vor, die durch Outsourcing oder Leiharbeit die Gehälter zu drücken versuchten. Im übrigen sei die Tarifbindung der kirchlichen Einrichtungen mit "mindestens 80 Prozent" sehr hoch. Bis Ende 2013 müssten sich die Tarifflüchter entscheiden: Entweder sie kehren zurück oder sie verlieren die kirchliche Anerkennung.



Der Rechtsexperte des Verbands der Diözesen Deutschlands, Martin Fuhrmann, sekundierte Zollitsch mit der Ankündigung, bis zur Bundestagsanhörung im März werde die katholische Kirche neue belastbare Zahlen zum kirchlichen Lohnniveau vorlegen. Ver.di operiere mit ungenauen Angaben. So würden im Vergleich der Entgelte Sonderleistungen an kirchliche Mitarbeiter wie Weihnachtsgeld oder auch die betriebliche Altersvorsorge unterschlagen.



Gericht verhandelt Präzedenzfall

Der Passauer Pastoralreferent Joachim Eder, designierter oberster Mitarbeitervertreter der katholischen Kirche in Deutschland, sagt, es handle sich vor allem um einen Machtkampf. Die Gewerkschaften wollten mehr Einfluss. Dabei sei die Zufriedenheit der kirchlichen Mitarbeiter mit dem sogenannten Dritten Weg, also der Tariffindung im Konsens und ohne Arbeitskampfmaßnahmen, sehr hoch. Das gelte sogar für die gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten. Es gebe auch keine realistische Alternative zum Dritten Weg. Das System müsse von innen her verbessert werden.



Indes steigt der Druck auf die Kirchen nicht nur aus der Politik. Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt verhandelt derzeit in einem Präzedenzfall darüber, ob das für Einrichtungen der Kirchen und ihrer Wohlfahrtsverbände Diakonie und Caritas geltende Streikverbot zulässig ist. In Straßburg hat es in jüngerer Zeit einige für die Kirche durchaus kritische Urteile gegeben. Sie können als Mahnung der europäischen Richter an die kirchlichen Arbeitgeber in Deutschland verstanden werden, ihre Sonderrechte in der Anwendung nicht zu überdehnen und dabei eine gewisse Verhältnismäßigkeit zu wahren.



Die Kirche riskiert, Fachkräfte zu verlieren

Vielen Arbeitnehmern, die bei einem kirchlichen Betrieb arbeiten, ist gar nicht bewusst, wie stark sie zur Loyalität verpflichtet sind. Vor allem die katholische Kirche stellt an sie Ansprüche, die zum Teil weit in das Privatleben hineinreichen. So müssen sich nicht nur Chefärzte, sondern auch Kindergärtnerinnen in der Regel einen neuen Job suchen, wenn sie nach einer gescheiterten Ehe erneut zivil heiraten. Denn nach katholischem Verständnis ist die Ehe unauflöslich.



Eine allzu rigide Auslegung der Loyalitätsanforderungen an ihre Mitarbeiter könnte die katholische Kirche aber nicht nur in weitere Konflikte mit weltlichen Arbeitsgerichten bringen. Auf manchen Positionen riskiert sie, exzellente Fachkräfte zu verlieren. Die Bischöfe haben auch dieses Thema im Blick, wie Zollitsch andeutete. Die zuständige Kommission werde sich bei ihrer nächsten Sitzung damit befassen, wo Modifizierungen bei den Erwartungen an die private Lebensführung kirchlicher Beschäftigter möglich seien. Ein Ergebnis dieser Prüfung könne er aber nicht vorwegnehmen, warb der Freiburger Erzbischof um Verständnis.