Ausstellung zeigt Schatzkunst des Mittelalters

Einzigartige goldene Pracht

Schon der erste Eindruck ist überwältigend. Hier ist alles, was golden glänzt, auch wirklich Gold. Daneben schimmert Silber und leuchten zahlreiche Edelsteine. In einer neuen Sonderausstellung in Münster gibt es ab Sonntag viel zu bestaunen. Auch ein besonderes Exponat, das das Bistum Münster beisteuerte.

Autor/in:
Johannes Schönwälder
 (DR)

Mehr als 300 Werke der Goldschmiedekunst aus dem 10. bis 16. Jahrhundert werden in 12 Räumen auf rund 1.500 Quadratmetern Fläche im LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte und der Domkammer der münsterschen Sankt-Paulus-Kathedrale präsentiert. Darunter sind Reliquienschreine, Skulpturen, Vortragekreuze, Tafelbilder, Buchmalereien und liturgische Gewänder.



"Westfalen glänzt", zeigt sich der Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), Wolfgang Kirsch, beeindruckt. Und dass es auch im Mittelalter bereits geglänzt habe, verdeutliche diese Schau. Arbeiten aus der Region bräuchten sich nicht zu verstecken hinter solchen aus Werkstätten der europäischen Spitzenklasse.



109 Mark an Silber und sechs Mark an Gold

Im wohl schönsten Raum der Ausstellung stehen sich zwei Prachtstücke der Goldschmiedekunst aus dem Mittelalter gegenüber. Links der Prudentia-Schrein aus Beckum, rechts der Marienschrein aus Tournai in Belgien. Letzterer stammt aus der berühmten Werkstatt von Nikolaus von Verdun, der auch wesentliche Teile des Dreikönigsschreins im Kölner Dom gefertigt hat, wie die Kuratorin und Mittelalter-Expertin Petra Marx erklärt. Es ist das teuerste Stück; die Versicherungssumme beläuft sich auf einen zweistelligen Millionenbetrag.



Der von drei westfälischen Goldschmieden gefertigte Schrein aus Beckum - wie sein Pendant etwa eineinhalb Meter lang, einen Meter hoch und siebzig Zentimeter tief - verblasst gegen ihn keineswegs. Im Gegenteil: Erst so erkennt man die Feinheiten der Figuren, das Ebenmaß seiner Formen. An beiden Schreinen haben die Künstler Jahrzehnte gearbeitet. Ob der Beckumer so teuer war wie der von Tournai? Am berühmteren Exemplar weist eine Inschrift sowohl auf das Entstehungsjahr 1205 als auch auf den damaligen Wert der verarbeiteten Materialien hin: 109 Mark an Silber und sechs Mark an Gold.



Einzigartige Heilige Agnes

Bei den gezeigten Exponaten handelt es sich zumeist um Stiftungen. Auftraggeber waren neben Kaisern und Königen, Bischöfen und Äbten auch einfache Bürger. "Es ging ihnen um die Chance, beim Jüngsten Gericht zu den Geretteten und nicht zu den Verdammten zu gehören", bringt es der Historiker Gerd Althoff auf den Punkt. Die Stiftungen gingen oft an Klöster als Gegenleistung für Gebete der Mönche und Nonnen - ein Ablasshandel, von dem die Nachwelt noch etwas hat.



Die Ausstellung bis 28. Mai ist ein Kooperationsprojekt von LWL, Bistum Münster und Forschungsverbund "Religion und Politik" an der Universität Münster. Durch die Zusammenarbeit sei es gelungen, "kunsthistorische Blickwinkel mit historischen und theologischen Perspektiven zu vereinen", betont der Direktor der münsterschen Domkammer, Udo Grote.



Das Bistum Münster steuert unter anderem eine Silberstatuette der Heiligen Agnes aus dem Domschatz bei. Ihr Antlitz ist es auch, das von den Ausstellungsplakaten herablächelt. Die rund 50 Zentimeter hohe Figur ist laut Domschatz-Kurator Holger Kempkens Teil einer in Deutschland an Qualität und Umfang einzigartigen Sammlung westfälischer Silberstatuetten, die sein Haus beherbergt. "Viele der Exponate holen wir für die Ausstellung erstmals aus dem Verborgenen." So könnten etwa 14 Apostelfiguren vom Hochalter des Domes erstmals wieder aus der Nähe betrachtet werden. Das ist auch dem Umstand zu verdanken, dass der Dom derzeit renoviert wird und zum Schutz der Kunstwerke komplett leergeräumt wurde. So trägt selbst Bauschutt zur "Goldenen Pracht" in Münster bei.