Dresdens Widerstand gegen Neonazis im Eindruck der Nazi-Morde

"Manche sind erst jetzt aufgewacht"

Dresden bereitet sich auf das Kriegsgedenken am 13. Februar vor – und den Widerstand gegen die Neonazi-Aufmärsche. Joachim Reinelt sieht den Protest diesmal besonders im Licht der Nazi-Morde. Im domradio.de-Interview sagt Dresdens Bischof der Rechtsgewalt den Kampf an.

 (DR)

domradio.de: Was genau ist für Montag geplant?

Reinelt: Es wird wieder eine große Menschenkette geben, d.h. viele Dresdner und Menschen aus der Umgebung in fester Solidarität gegen den Hass und die neue Zwietracht, die von den Neonazis gesät werden. Diese Menschenkette ist ein wunderbares Zeichen der Gemeinschaft über alle Konfessionen und Denkrichtungen hinaus. Wenn es um eine Antwort gegen das Hassen geht, halten die Menschen in Dresden sehr gut zusammen. Und da machen wir mit.



domradio.de: Sie sind 1936 geboren, haben den Krieg also als kleiner Junge selbst erlebt. Was bedeutet es für Sie persönlich, wenn Neonazis heute aufmarschieren?

Reinelt: Ich habe als Kind Dresden brennen sehen, wir waren damals gerade unterwegs. Es war schon ein Stück Höllenerlebnis. Und für mich ist das wirklich ein gutes Zeichen, dass die Dresdner sagen, diesen Tag des Gedenkens und der Trauer lassen wir uns nicht von denen stehlen, die Grunde genommen wieder ähnliche Ansätze haben, wie sie die Nazis damals hatten.



domradio.de: Das Bündnis "Dresden Nazifrei" hat zu einer Blockade der Nazi-Aufmärsche aufgerufen. Das lehnen Sie ab. Warum?

Reinelt: Weil es juristische Schwierigkeiten gibt. Die Demonstrationsfreiheit ist in der Demokratie eine Heilige Kuh", die nicht angetastet werden darf. Und deswegen wird gegen Leute, die eine solche Demo verhindern, rechtlich vorgegangen. Dazu kann ich nicht auffordern.



domradio.de: Im letzten Jahr kamen die Taten des Zwickauer Nazi-Trios ans Licht. Glauben Sie, dass deshalb dieses Jahr mehr Menschen am Gegenprotest teilnehmen werden?

Reinelt: Ganz sicher. Manche sind erst jetzt aufgewacht. Denn es ist eine Schande, dass es so etwas überhaupt gibt - ausgerechnet in Deutschland, wo schon einmal die Grausamkeiten dieser Ideologie ihren Ausgangspunkt hatten. Das ist schmerzlich. Und dagegen muss man wachsam aufstehen.



Das Gespräch führte Susanne Becker-Huberti.