Auf der Berlinale konkurrieren 18 Weltpremieren um die Bären und den Preis der Kirchen

Aufbrüche und Umbrüche

Die diesjährige Berlinale steht im Zeichen der Revolution. Den Auftakt machte am Donnerstagabend Benoit Jacquot mit dem Streifen "Les adieux a la Reine". Die beiden Kirchen begleiten auch dieses Jahr das Festival.

Autor/in:
Christoph Scholz
 (DR)

Mit der Weltpremiere des französischen Revolutionsdramas "Les adieux a la Reine" von Benoit Jacquot haben am Donnerstagabend die 62. Berliner Filmfestspiele begonnen. Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit (SPD), sowie Berlinale-Direktor Dieter Kosslick und Jury-Präsident Mike Leigh eröffneten das Festival.



In den kommenden zehn Tagen werden insgesamt 395 Filme gezeigt. "Aufbrüche und Umbrüche", das ist für Festivaldirektor Dieter Kosslick der rote Faden durch die 62Beiträge der Berliner Filmfestspiele. Von den 23 Filmen im Wettbewerbsprogramm konkurrieren 18 Weltpremieren um den Goldenen und die Silbernen Bären.



Die weltweiten Umbrüche spiegeln sich auch in der Filmauswahl: Die Wettbewerbsproduktionen kommen aus 23 Ländern. Im Mittelpunkt steht in diesem Jahr nicht der US-amerikanische Film. Zwei andere Kontinente rücken in den Vordergrund: Afrika und Asien. Was bleibt, ist die politische Prägung des Festivals.



Und der deutsche Film

Eine prominente Rolle im Wettbewerb spielt der deutsche Film mit den Werken von drei Regisseuren der jüngeren Generation, die inzwischen international arriviert sind. Sie thematisieren weniger Aufbrüche in der großen Politik, sondern eher Umbrüche im Beziehungs- und Spannungsraum Familie. Wobei Christian Petzhold seine Geschichte "Barbara" durchaus gesellschaftspolitisch verortet.



In dem Drama muss sich eine in der DDR lebende Ärztin - gespielt von Nina Hoss - am Ende zwischen zwei Männern in Ost und West und damit aber auch zwischen zwei Gesellschaftsentwürfen entscheiden. Matthias Glasner geht in "Gnade" mit Jürgen Vogel erneut der existenziellen Frage von Schuld und Sühne nach, die durch einen Verkehrsunfall in das Leben einer Familie einbricht. In Hans-Christian Schmids "Was bleibt" setzt die Enthüllung eines Familiengeheimnisses den Zusammenhalt der Beziehungen unter Druck.



Mit Spannung erwartet das Publikum zwei weitere deutsche Premieren in anderen Sektionen: Doris Dörrie hat mit "Glück" eine Kurzgeschichte aus "Verbrechen" von Ferdinand von Schirach verfilmt. Und Volker Schlöndorff erzählt in "Das Meer am Morgen" das Schicksal des von den Nazis hingerichteten jungen Franzosen Guy Moquet. Der Nationalheld gilt in seiner Heimat als Sinnbild der gemordeten Unschuld.



Für den Glamourfaktor sorgen Hollywoodgrößen

Der arabische Frühling zieht sich durch verschiedene Sektion und Formate der Festspiele. Neben Spielfilmen widmen sich mehrere Dokumentarfilme dem Thema, wie "The Reluctant Revolutionary" über die Unruhen im Jemen oder "Bericht einer Revolution" mit Video- und Online-Reportagen über die 18-tägigen Massenproteste auf dem Tahir-Platz in Kairo und dem Ende des Mubarak-Regimes.



Der asiatische Film ist mit dem jüngsten Werk des chinesischen Erfolgsregisseurs Zhang Yimou vertreten. Er wendet sich mit "Die Blumen des Krieges" dem Massaker an den Bewohnern von Nanking im Dezember 1937 durch die japanische Armee zu. Die Geschichte wird aus der Sicht junger Chinesinnen erzählt, die in einer katholischen Kirche Zuflucht suchen. Wang Quan"an, der 2007 mit "Tuyas Hochzeit" den Goldenen Bären gewann, tritt diesmal mit einem dreieinhalbstündigen Epos "Bai lu yuan" ("White Deer Plain") über den Streit von Großfamilien zum Ende des Kaiserreichs im Wettbewerb an.



Die frühe Oscar-Verleihung setzt die Filmauswahl der Berlinale zwar unter Druck. Für den Glamourfaktor werden aber weiterhin vor allem Hollywoodgrößen sorgen. Im Wettbewerbsprogramm sind die USA mit zwei Beiträgen präsent: "Extremely Loud And Incredibly Close" ("Extrem laut und unglaublich nah") von Stephen Daldry mit Sandra Bullock sowie "Jayne Mansfield"s Car" von Billy Bob Thornton. Außerdem wird die zweifache Oscar-Preisträgerin Meryl Streep mit dem Goldenen Ehrenbären gefeiert.



Die beiden Kirchen begleiten auch dieses Jahr das Festival. Die Ökumenische Jury wird am Ende drei Filme ehren, die das Publikum "auf künstlerisch überzeugende Weise für existenzielle, spirituelle oder soziale Fragen sensibilisieren". Das Programm ist hierfür diesmal vielversprechend.