Vor 125 Jahren wurde der Kölner Kardinal Josef Frings geboren

Volksbischof und Vordenker beim Konzil

Kölner Kardinal Josef Frings gehört zu den prägenden Gestalten der deutschen Nachkriegskirche. Als volksnaher Fürsprecher der Not leidenden Bevölkerung, Flüchtlinge und Kriegsgefangenen gegenüber den Besatzungsbehörden hatte er eine außergewöhnliche Rolle in der Zeit des Wiederaufbaus. Beim Zweiten Vatikanischen Konzil gestaltete er wichtige Vorgänge entscheidend mit. Heute wäre er 125 Jahre alt geworden.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
 (DR)

Fußballfans denken beim Namen "Frings" vor allem an das "Sommermärchen" der WM 2006. Älteren Westdeutschen fällt dagegen unweigerlich das "Fringsen" ein, jener quasi mit kirchlichem Segen geduldete Kohlenklau der Nachkriegszeit. Dessen Namensgeber, der damalige Kölner Kardinal Josef Frings, wurde am 6. Februar 1887, vor 125 Jahren, in Neuss geboren.



Frings, der als einfacher "Leutpriester" angetreten war, wuchs nach seiner überraschenden Bischofsernennung im Nationalsozialismus und in den Trümmern von Köln zu einer volksnahen Leitfigur und zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten der katholischen Kirche nach dem Zweiten Weltkrieg. Bescheiden und immer ansprechbar, war sich Frings der Würde und der Verantwortung seines Amtes gleichwohl stets sehr bewusst.



Vorsitzender der damaligen Fuldaer Bischofskonferenz

Als langjähriger Vorsitzender der damaligen Fuldaer Bischofskonferenz praktizierte er einen eigenen Führungsstil. 1962 erläuterte er seinem Amtsbruder Joseph Höffner die Geschäftsordnung des Bischofsrates: "Wir haben nur zwei Paragrafen. Erstens: Hier darf jeder tun, was er will. Zweitens: Aber auch dazu ist keiner verpflichtet."



Dieser Humor, den er auch gegenüber seinem Klerus und seinen "geliebten Erzdiözesanen" pflegte, war allerdings keineswegs mit einem Laissez-faire zu verwechseln: Frings, der immer einer aus dem Volk blieb, kannte seine Pappenheimer und wusste sie sehr wohl zu leiten. Wo seine eigenen Kenntnisse und Erfahrungen an Grenzen stießen, wählte er sich qualifizierte Berater und folgte ihrem Rat - so etwa, indem er das Erzbistum Köln zu einem Zentrum des neuen Kirchenbaus machte.



Gründer der Dritte-Welt-Hilfswerke Misereor

In den 50er und den 60er Jahren gelangte Frings zu weltkirchlicher Bedeutung: nicht nur als Gründer der Dritte-Welt-Hilfswerke Misereor und Adveniat, sondern vor allem als "elder statesman" beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965). Schon bei den ersten Vorbereitungskommissionen versuchte der Mittsiebziger, der fließend Latein sprach, eine einheitliche Linie des Konzils mitzugestalten und eine Selbstblockade durch einen "Wust von Dekreten und Gesetzen" zu verhindern. Mit Kardinälen wie Döpfner, König, Montini, Suenens oder Lienart entwickelte er die von Papst Johannes XXIII. angestoßene Öffnung der Kirche zur Welt weiter.



Sein Rang als Mitglied des Konzilspräsidiums und sein Dienstalter kamen Frings dabei zugute: Er erhielt stets ein frühes Rederecht und hatte so vergleichsweise große Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten - etwa bei seinem berühmten Vorstoß am zweiten Konzilstag, als er unter dem Applaus des Plenums die vorbereiteten Listen des Vatikan zur personellen Besetzung der Arbeitsgruppen zurückwies und damit das Selbstbewusstsein der Konzilsväter gegenüber der Kurie stärkte.



Tief frommer und konservativer Kirchenmann

In der Konzilsanalyse erscheint Frings als "Progressiver". Zugleich aber zeigt sich ein im Herzen tief frommer und konservativer Kirchenmann, den die Einsicht in pastorale Notwendigkeiten zu Reformen nötigte. Auch die Auswahl seiner persönlichen Konzilsberater ist dafür ein Indiz: Frings war stets gut vorbereitet - durch einen jungen Bonner Fundamentaltheologen namens Joseph Ratzinger, seinen Adlatus Hubert Luthe - später Bischof von Essen - und durch den Kirchenhistoriker Hubert Jedin.



Die Gewissenszweifel, die den erblindenden, aber stets wachen Kardinal schon während des Konzils umtrieben, wuchsen in der Folge stark an. Spätestens ab 1968 wurde Frings deutlich, dass manche Pfarrgemeinde über das hinausstrebte, was er beim Konzil an Erneuerung mit bewirkt hatte. 1969 trat er die Last der Verantwortung als Erzbischof an Höffner ab.



Bei allem Weitblick über den ortskirchlichen Tellerrand blieb der gebürtige Neusser immer felsenfest im Rheinland verwurzelt. So erzählte Frings in den kurz vor seinem Tod aufgezeichneten mündlichen Erinnerungen mit Schmunzeln einen sehr rheinischen Witz:

"Was ist der Unterschied zwischen einer Brücke und einem Glas Kölsch? - Antwort: Über eine Brücke geht alles, über ein Glas Kölsch geht nix!"