SOLWODI-Gründerin Lea Ackermann wird 75

Eine Überzeugungstäterin

Sie ist streitbar und geradlinig, sie lässt sich von ihrem Weg nicht abbringen: Lea Ackermann. Kaum eine andere Frau in Deutschland setzt sich so leidenschaftlich für in Not geratene Mädchen und Frauen ein.

Autor/in:
Silke Uertz
Schwester Lea Ackermann zu Besuch bei domradio.de (DR)
Schwester Lea Ackermann zu Besuch bei domradio.de / ( DR )

Ob Menschenhandel, Zwangsprostitution oder Sextourismus - die Ordensfrau erhebt unermüdlich ihre Stimme. Vor allem mit Hilfe ihrer Organisation SOLWODI. Heute wird sie 75 Jahre alt.

An dem Tag steigt in Boppard-Hirzenach, dem Sitz von SOLWODI SOLWODI (Solidarity with Women in Distress - Solidarität mit Frauen in Not), ein großes Fest. "Weil ja auch Mariä Lichtmess ist, feiern wir zuvor eine Messe, und anschließend führt eine Theatergruppe ein Stück auf", erzählt Ackermann. "Es geht darin um Zwangsheirat und Ehrenmorde." Auch in ihrer "Freitzeit", lässt sie das Thema Frauen in Not nicht los. Wenn doch mal Luft für andere Dinge bleibt, tanzt sie gerne und liest Krimis.

Geboren wurde Ackermann 1937 als Tochter eines Bauunternehmers im saarländischen Völklingen. Als Kind nannten die Spielkameraden sie wenig schmeichelhaft "Hexen-Bärbel", ihre Wutausbrüche waren legendär. Auf die Schulzeit folgte eine Banklehre. 1960 sprach sie nach einer durchtanzten Nacht im Kloster vor - ganz unkonventionell in Abendkleid und Pumps -, und trat dem Missionsorden "Unserer Lieben Frau von Afrika" bei. Sie studierte Theologie und Pädagogik, promovierte in letzterem Fach und arbeitete als Lehrerin in Ruanda und als Bildungsreferentin beim Internationalen katholischen Missionswerk missio in München.

1985 schickte ihr Orden sie an die Ostküste Afrikas. Erschüttert vom Schicksal der dortigen Frauen in der Prostitution rief sie SOLWODI ins Leben. Eine Erfolgsgeschichte: Derzeit unterhält der Verein in Deutschland 15 Beratungsstellen und 7 Schutzwohnungen, 10 Beratungsstellen in Kenia und eine in Rumänien. Die Bilanz ihrer Ehrungen ist lang. Allein 2010 wurde sie mit drei Auszeichnungen bedacht: mit dem rheinland-pfälzischen Kinderschutzpreis, dem Bayerischen Verdienstorden und dem Itzel-Preis.  Am 29. Februar folgt die Verleihung des Großen Verdienstkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Streitbar und standfest
Bei allen Auszeichnungen bleibt sie streitbar und standfest. Zum Beispiel, wenn es um die Rolle der Frau in der katholischen Kirche geht. Wiederholt hat sie sich für das Frauendiakonat ausgesprochen und vertritt auch in anderen innerkirchlichen Diskussionen klar und deutlich ihre eigene, oft vom Lehramt abweichende Meinung. Die derzeitige Situation der deutschen katholischen Kirche macht sie traurig. Doch trotz aller Probleme sagt sie: "Angst ist ein schlechter Ratgeber."

Aber Angst kann der Jubilarin niemand vorwerfen. Auch Eitelkeit nicht. So wünscht sie sich zu ihrem Geburtstag keine Geschenke, sondern Zuwendungen für SOLWODI. "Ich will meinen Geburtstag nutzen, um Spenden zu sammeln." Einen Wunsch hat sie dennoch: eine Nachfolgerin für sie. "Sie soll Kenntnisse in Sprachen, Betriebswirtschaft und Pädagogik mitbringen und unsere Forderungen in die Politik tragen können." Und die Bezahlung müsse sich im Rahmen halten. Kurzum: "Ich suche eine Überzeugungstäterin." 

Lea Ackermann †

Die Frauenrechtlerin und katholische Ordensschwester Lea Ackermann ist tot. Die 86-Jährige starb am 31. Oktober 2023 in einem Trierer Krankenhaus, teilte der von ihr gegründete Verein Solwodi in Koblenz mit. 

Für ihren unermüdlichen Einsatz gegen Frauenhandel und Zwangsprostitution erhielt Schwester Dr. Lea Ackermann zahlreichen Ehrungen – unter anderem den Romano-Guardini-Preis und das Große Bundesverdienstkreuz. 1985 gründete sie die Organisation SOLWODI ("SOLidarity with WOmen in DIstress" – Solidarität mit Frauen in Not) in Mombasa/Kenia.

Lea Ackermann / © Thomas Frey (dpa)
Lea Ackermann / © Thomas Frey ( dpa )