Hildegard Burjan in Wien selig gesprochen

Sozialpolitikerin der ersten Stunde

Zum ersten Mal ist mit der österreichischen Sozialpolitikerin Hildegard Burjan ein Mensch im Wiener Stephansdom selig gesprochen worden. Kurz vor der Seligsprechung würdigte sie Kardinal Schönborn als "großes Vorbild auch für heutige Politiker". Die Gründerin von "Caritas Socialis" kämpfte für Gleichberechtigung und soziale Unterstützung. Im domradio.de-Interview spricht der Theologe Gisbert Greshake über Burjans Leben und ihre Spiritualität.

 (DR)

An der Haltung von Hildegard Burjan (1883-1933) könnten sich auch heutige Politiker ein Beispiel nehmen, empfahl der Wiener Kardinal. Ihr sei es nicht primär um Parteipolitik gegangen, sondern um soziale Anliegen und das Engagement gegen die Not der Menschen ihrer Zeit.



In Vertretung von Papst Benedikt XVI. nimmt Kardinal Angelo Amato, Präfekt der Seligsprechungskongregation, am Sonntag die Zeremonie vor. Kardinal Amato steht dem Gottesdienst vor, Kardinal Christoph Schönborn wird die Festpredigt halten. Der Gottesdienst beginnt um 15 Uhr und wird live von Radio Stephansdom und dem ORF übertragen.



Gründerin der Schwesterngemeinschaft "Caritas Socialis"

Die aus einer jüdischen Familie stammende Görlitzerin war Gründerin der Schwesterngemeinschaft "Caritas Socialis". Die Organisation mit Stammsitz in Wien unterhält Pflegeheime sowie ein Hospiz und ist in der Ausbildung für Sozialberufe engagiert. 1909 trat Burjan zum Katholizismus über. Nach ihrer Übersiedlung nach Wien gründete sie 1912 den "Verband christlicher Heimarbeiterinnen" und 1919 "Caritas Socialis". Im gleichen Jahr zog sie als erste weibliche Abgeordnete der Christlichsozialen Partei in den österreichischen Nationalrat ein. Ihr besonderer Einsatz galt der Gleichberechtigung der Frau in der Arbeitswelt.



Angesichts des laufenden kirchlichen Reformprozesses komme Burjans Seligsprechung für die Erzdiözese Wien "zur rechten Zeit", sagte Schönborn weiter. Die Kirche müsse heute neu buchstabieren, was Jüngerschaft und Nachfolge Jesu bedeuten. "Dazu brauchen wir keine Theorien, sondern Vorbilder." Mit ihrem sozialen Einsatz führe Burjan vor Augen, wie Christsein heute aussehen könne, so Schönborn weiter. Dass der karitative Bereich heute zu den kirchlichen Wachstumsbereichen gehöre, sei ein wichtiger Hinweis für die Zukunft der Kirche.