Holocaust-Gedenktag erinnert an Befreiung von Auschwitz

Massenmord im Fließbandverfahren

Auschwitz, das ist der furchtbarste Name, den die deutsche Geschichte kennt. Was zwischen 1940 und 1945 in der größten Menschenvernichtungsanlage der Nazis passierte, hatte die Welt bis dahin nicht gesehen: den industrialisierten Massenmord im Fließbandverfahren.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Erst am 27. Januar 1945 befreiten sowjetische Soldaten die letzten 7.000 Häftlinge. Seit 1996 begeht die Bundesrepublik an diesem Tag den Holocaust-Gedenktag. 2006 wurde der Gedenktag auf Beschluss der UNO auch weltweit in den Kalender übernommen.



Bis zu anderthalb Millionen Menschen kamen im Stammlager Auschwitz und den Nebenlagern Birkenau und Monowitz um: meist Juden, aber auch Sinti und Roma, Polen oder russische Gefangene. Als sich die Rote Armee im Januar 1945 dem 60 Kilometer von Krakau entfernt gelegenen Lager näherte, hatte die SS bereits versucht, die Spuren der Vernichtungsmaschine zu beseitigen. Doch das misslang: Die sowjetischen Soldaten fanden unter dem Schnee nicht nur die Spuren der Krematorien, sondern auch noch sechs Warenlager, in denen sich die Habseligkeiten der Häftlinge stapelten: fast 350.000 Anzüge von Männern und 840.000 Frauenkleider. Und Berge von Frauenhaar und Zahngold.



Ehrgeiz deutscher Industrieller

Anfang 1940 hatte der "Reichsführer SS", Heinrich Himmler, in dem polnischen Städtchen Oswiecim ursprünglich ein Lager für polnische Widerstandskämpfer vorgesehen. Doch der Ehrgeiz deutscher Industrieller trieb die SS dazu, aus den vor Ungeziefer strotzenden Kasernen eine Rüstungszentrale aufzubauen: Die IG Farben wollte ihre Kunstkautschuk-Produktion durch ein neues Buna-Werk erhöhen - und der SS kam das gelegen, um sich eine Vormachtstellung in der deutschen Wirtschaft zu sichern.



Für ein paar Mark pro Tag wurden die Häftlinge an die IG Farben "vermietet". Fortan kamen immer mehr Gefangene; in das schon für 8.000 Häftlinge viel zu enge Stammlager ließen Himmler und sein Lagerkommandant Rudolf Höß 130.000 Häftlinge pferchen. Nach dem Überfall auf die Sowjetunion entstand in Birkenau ein eigenes Kriegsgefangenenlager, das für 100.000 Häftlinge vorgesehen war.



"Vernichtung durch Arbeit"

Zur Todesfabrik entwickelte sich Auschwitz endgültig ab Herbst 1941, als Hitler mit Blick auf den stockenden Russland-Feldzug und den absehbaren Kriegseintritt der USA immer neue Drohungen gegen die Juden ausstieß. Ab Juli 1942 wurde die "Selektion an der Rampe" eingeführt. Direkt aus den Güterzügen wurden die zur Vernichtung ausgewählten Menschen in die Gaskammern geführt und mit Zyklon B ermordet. Den nicht sofort für den Tod bestimmten Häftlingen erging es kaum besser: "Vernichtung durch Arbeit" hieß die Devise. Andere wurden Opfer von medizinischen Versuchen, die unter anderem der Lagerarzt Josef Mengele durchführte.



"Wohl war dieser Befehl etwas Ungewöhnliches, Ungeheuerliches", schrieb der 1947 hingerichtete Lagerkommandant Rudolf Höß angesichts der Himmler-Anweisung, Auschwitz in eine Menschenvernichtungsmaschine zu verwandeln. "Doch die Begründung ließ mir diesen Vernichtungsvorgang richtig erscheinen. Ich stellte damals keine Überlegungen an - ich hatte den Befehl bekommen, und ich hatte ihn durchzuführen." Ähnlich dachten viele der zeitweise über 4.000 Männer und Frauen zählenden Bewachungsmannschaft aus den Reihen der SS.



In der unmittelbaren Nachkriegszeit verdrängten die Deutschen das Geschehen. Auch die meisten Historiker klammerten die Ereignisse in den Lagern zunächst aus. Selbst die fünf Frankfurter Auschwitz-Prozesse in den 60er und 70er Jahren konnten kaum einen Wandel schaffen. Erst die Studentenbewegung und eine scheinbar triviale amerikanische Fernsehserie veränderten die Situation: Mit "Holocaust" wurde Ende der 70er Jahre lange Verschüttetes freigelegt.