Kreuzfahrtseelsorger zum Costa-Concordia-Unglück

"Da ist man schon fassungslos"

Das Schicksal der "Costa Concordia" zeigt: Auch 100 Jahre nach dem Kentern der "Titanic" ist die Seefahrt nicht ohne Risiko. Dennoch wundert sich im domradio.de-Interview Peter Dückers, der als Seelsorger schon zahlreiche Kreuzfahrten begleitet hat.

 (DR)

domradio.de: Sie haben als Seelsorger schon viele Kreuzschiffsfahrten mitgemacht. Haben Sie jemals daran gedacht, dass so etwas Schlimmes passieren kann?

Dückers: Beim ersten Mal an Bord hatte ich schon ein mulmiges Gefühl, vorher war ich noch nie auf einem Schiff gewesen. Man hat plötzlich keinen Boden mehr unter den Füßen, da fragte ich mich schon, ob etwas passieren kann. Aber schon beim zweiten Mal fühlte ich das schon nicht mehr. Im Gegenteil: Von da an fühlte ich mich sogar immer ziemlich sicher.



domradio.de: Werden die Schiffsseelsorger auf einen solchen Ernstfall vorbereitet?

Dückers: Eigentlich gar nicht. Auf Notfälle wurde ich nicht vorbereitet, ich habe die Übungen für die Passagiere mitgemacht - und das war es im Grunde auch.



domradio.de: Im Fall der "Concordia" soll es ja bei den Evakuierungsmaßnahmen ziemlich chaotisch zugegangen sein. Aber für solche Situationen werden Passagiere und Personal doch eigentlich geschult?

Dückers: Natürlich ist das Unglück schlimm, aber noch schlimmer ist die Panik, die damit verbunden ist. Und der Umgang damit ist natürlich schwierig zu üben. Andererseits wünscht man sich natürlich bei erfahrenen Crew-Mitgliedern, dass die das irgendwie berücksichtigen. Man wundert sich schon, dass so etwas passieren kann. Denn es ist auch international vorgeschrieben, dass zu Beginn einer jeden Kreuzfahrt eine Rettungsmaßahme geprobt wird, man muss die Rettungsweste anziehen, man wird zu dem entsprechenden Rettungsboot geführt. Auch den Schiffen, auf denen ich war, waren auch immer mindestens zwei Offiziere, die geschaut haben, dass auch alle Passagiere da sind und wissen, wo sie hin gehören.



domradio.de: Müssen nun die Sicherheitsmaßnahmen in Zukunft verschärft werden?

Dückers: Vor allen Dingen müssen die Sicherheitsmaßnahmen, die es bereits gibt, eingehalten werden. Solch katastrophale Fehler wie jetzt dürfen nicht passieren. Da ist man schon fassungslos: Hier wurden gravierende Fehler gemacht. Eine Stunden lang wurden die Passagiere in Sicherheit gewogen und dann erst informiert. Wenn die vorhandenen Vorschriften eingehalten werden, kann ein solches Unglück rechtzeitig abgefedert werden.



domradio.de: Wie kann man als Seelsorger in einer solchen Situation seelischen Beistand leisten?

Dückers: Gott sei Dank habe ich eine solche Situation noch nicht erlebt. Aber ich glaube, das Wichtigste ist, bei den Leuten zu sein, zu beruhigen und darauf hinzuwirken, nicht in Panik zu verfallen, sondern den Anordnungen der Offiziere auch Folge zu leisten.



Zur Person: Peter Dückers arbeitet als Pfarrer im Bistum Aachen und als Journalist regelmäßig für domradio.de. In dieser Woche ist er hier für die Auslegung des Tagesevangeliums verantwortlich.



Das Gespräch führte Heike Sicconi.