Der Glaube als Faktor im amerikanischen Wahlkampf

Mitt Romney und die Mormonen

Er gilt inzwischen als klarer Favorit: Der US-Republikaner Mitt Romney hat einen klaren Sieg bei den Vorwahlen im Bundesstaat New Hampshire gefeiert. Selbstbewusst geht er auch in die nächsten Rennen um die Vorwahlen in South Carolina und in Florida. Umfragen lassen keinen Zweifel daran, dass er erneut einen Sieg gegen seine republikanischen Mitbewerber um die Präsidentschaftskandidatur einfahren wird - egal wie sehr ihn seine Rivalen mit Kritik überhäufen.

Autor/in:
Ronald Gerste
 (DR)

Am Sonntag beschuldigte ihn der ehemalige Präsident des Repräsentantenhauses, Newt Gingrich, "frommen Unsinn" zu erzählen, nachdem Romney erklärt hatte, er sehe sich nicht als Berufspolitiker. Seine Leidenschaft sei vielmehr seine Familie, sein Glaube und sein Land.



Romney ist Mormone; Angehöriger der, wie sich die Gemeinschaft selbst nennt, "Heiligen der Letzten Tage" (LDS). Ein Drittel der republikanischen Wähler sieht im Mormonentum "keine christliche" Glaubensrichtung. Besonders ausgeprägt ist diese Haltung unter den Evangelikalen: Für 53 Prozent von ihnen sind Mormonen nicht Teil des Christentums. Darin liegt eine Gefahr für Romney wie auch für den zweiten mormonischen Kandidaten, den in Umfragen weit abgeschlagenen Jon Huntsman. Denn die Evangelikalen sind die größte klar zu definierende Gruppe unter den Wählern der Republikaner.



Utah - die Basis der Gemeinschaft

Die Wurzeln des Mormonentums liegen in den 1820er und 1830er Jahren. Dem Gründer der Kirche, Joseph Smith, seien Gottvater und Sohn erschienen. Das von ihm verfasste, angeblich göttlicher Offenbarung folgende Buch Mormon ist die Grundlage des Glaubens. Nach Smith" Ermordung 1844 bei Unruhen in Illinois zogen viele Mormonen nach Utah. Der Staat - in dem stets stramm republikanisch gewählt wird - ist auch heute noch die Basis der Gemeinschaft.



Gegenwärtig soll es laut LDS weltweit 13 Millionen Mormonen geben, gut die Hälfte von ihnen lebt in den USA. Ihre Organisationsstruktur erinnert an ein globales Unternehmen. In der Zentrale am Temple Square von Salt Lake City amtiert ein Kirchenpräsident, dem zwei enge Berater und ein 15-köpfiger Vorstand, das Quorum der Zwölf Apostel, zur Seite gestellt sind. In diesem Gremium sitzen ausschließlich Männer; auch sonst können Frauen keine höheren Ämter einnehmen.



Typische Mormonenkarriere

Noch etwas ist auffallend: es handelt sich bei den Quorumsmitglieder sehr häufig um reiche Geschäftsleute. In der Tat gehen bei den Mormonen der Glaube daran, dass ein Mensch selbst gottähnlichen Status erreichen kann, und das Streben nach weltlichem Besitz oft Hand in Hand. Viele Wirtschaftsbosse gehören den LDS an, die wohl bekanntesten mormonischen Geschäftsgründer sind die Marriott-Brüder. Mormonen in Chefetagen sind kein amerikanisches Phänomen: Auch der ehemalige Chefpilot der Lufthansa, Dieter Uchtdorf, ist Mormone und stieg bis ins Führungsgremium der LDS auf.



Präsidentschaftskandidat Romney hat eine typische Mormonenkarriere hinter sich. Er verdiente Millionen Dollar bei der Consultingfirma Bain Capital. In Boston war er als "Bischof" der Kirche tätig und zeichnete sich als radikaler Abtreibungsgegner aus. Dass er diese Haltung - und zahlreiche andere Standpunkte - später mehrfach revidierte und ihm der Ruf anhängt, dem jeweiligen Publikum und Zeitgeist nach dem Mund zu reden, könnte bei den Wählern in den Vorwahlen ein größeres Problem sein als sein Mormonentum.



Dennoch: Wird Romney Kandidat der Republikaner, kann er sich auch der Unterstützung der Evangelikalen sicher sein - deren Abneigung gegen Präsident Obama ist noch größer als gegen die Mormonen.