domradio.de-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen zur Causa Wulff

"Euer Ja sei ein Ja!"

Selbst wer bereit ist, alle Augen zuzudrücken, der kann in der Causa Wullf zum Verhalten des Bundespräsidenten nicht länger einfach nur Ja und Amen sagen. Vielleicht spürt das jetzt selbst die Bundeskanzlerin. Dabei könnte es doch auch für den Christen Christian Wulff alles so einfach sein. "Euer Ja sei ein Ja, euer Nein sei ein Nein; alles andere stammt vom Bösen!", so empfiehlt Jesus in seiner Bergpredigt.

Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen / © Boecker
Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen / © Boecker

Wer als Bundespräsident seinen Eid auf die Verfassung ausdrücklich mit dem freiwilligen Zusatz "so wahr mir Gott helfe" bekräftigt, der wird sich auch daran messen lassen müssen. Aber der bibelfeste Bundespräsident bemühte lieber das Zitat "Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein!" Dieses Jesuswort gilt zweifelsohne nicht nur im Hinblick auf die Verurteilung bei Ehebruch. Aber der Ehebrecherin - sie bekleidet übrigens kein öffentliches Amt - rät Jesus auch: "Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!"



Warum nur fällt es den Mächtigen unserer Tage, ob sie nun Guttenberg oder Wulff heißen, so schwer, auf diesen geraden Weg der Wahrheit zurückzukommen? Fehler sind menschlich. Menschliche Schwächen machen oft erst richtig sympathisch - gerade in unserer modernen Medienwelt. Dem schnellen und starken Abgang der Bischöfin Käßmann nach ihrer Alkoholfahrt haben selbst ihre zahlreichen Kritiker Respekt gezollt. Wo aber die Wahrheit immer nur scheibchenweise und stets erst auf medialen Druck ans Tageslicht kommt, da wendet sich nicht nur der Medienbürger mit Grausen ab. Im Zeitalter des Internets drohen so vormals anerkannte und respektierte Amtsträger binnen Tagen zu Witzfiguren zu werden, die sich mit jeder neuen halbgaren Klarstellung nur noch tiefer in den Abgrund reißen. Ob sich der Bürger dann fremdschämt oder nur noch Mitleid empfindet, ist eigentlich ganz egal: Wo kübelweise Hohn und Spott über diese begossenen Pudel ausgeschüttet wird, wird das Amt in jedem Fall beschädigt.



Das Verhalten des Bundespräsidenten aber ist längst niemandem mehr egal: Wer, wie Christian Wulff, das mediale Blitzlichtgewitter der Boulevardmedien durchaus auch im privaten Bereich gesucht und gefunden hat, der darf sich jetzt auch nicht beschweren, wenn er plötzlich von Springer und Co. im Regen stehen gelassen wird.



"Gott stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen", so beten es die Christen im Magnificat. Aber dieses Bibelwort brauchen wir heute gar nicht mehr zu bemühen. Es sind die vermeintlich Mächtigen selber, die sich in den Fängen und Fallstricken ihrer Macht verheddern, weil sie diese nicht mehr missen möchten. Bundesminister, Präsidenten aber auch Bischöfe haben ihre Macht niemals aus sich selbst heraus. Wenn sie diese Grundwahrheit aus dem Auge verlieren, sind sie verloren. Auch wenn sie noch einige Zeit mit der Zurechtbiegung ihrer eigenen Wahrheit versuchen zu retten, was längst nicht mehr zu retten ist. Sie sind dann am Ende ihres Amtsweges.