Kölner Generalvikar zur Lage in Nigeria nach den Attentaten

Angst vor gegenseitigem Hass

Der Kölner Generalvikar, Dominik Schwaderlapp, hat vor grundsätzlichen Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen in Nigeria gewarnt. "Das wäre viel schlimmer als diese einzelnen Anschläge", sagte der Generalvikar . Hilfreich sei auch, wenn "von Seiten der Muslime ein ganz klares Zeichen der Distanzierung kommt". Unterdessen hat es in Nigeria weitere Gewalt gegeben. Ziel war eine Koranschule.

Gottesdienst in Nigeria (KNA)
Gottesdienst in Nigeria / ( KNA )

Anschlag auf Koranschule

Im Niger-Delta, wo Christen die Mehrheit der Bevölkerung stellen, warfen Unbekannte einen Brandsatz in eine Koranschule. Sieben Kinder wurden dabei verletzt, wie nigerianische Medien am Mittwoch berichteten. In der Nähe von Jos sollen muslimische Fulani-Nomaden eine vierköpfige, christliche Familie ermordet haben.



Aus der Region rund um die nordöstliche Stadt Damaturu, wo sich Soldaten und die radikal-islamische Boko-Haram-Bewegung seit Donnerstag Gefechte liefern, sind unterdessen nach amtlichen Angaben gut 90.000 Menschen geflohen. Der britische Rundfunksender BBC berichtete, ein ganzer Stadtteil von Damaturu sei wegen der Kämpfe inzwischen menschenleer. Damaturu gilt als einer der Rückzugsräume der Boko Haram, die sich zu den Anschlägen auf vier Kirchen am Sonntag bekennen, bei denen mindestens 40 Menschen starben.



Konflikte um Land und Arbeit

Generalvikar Schwaderlapp warnte davor, die Auseinandersetzung in Nigeria ausschließlich als religiösen Konflikt zu werten. Neben den Spannungen zwischen dem muslimischen Norden und dem christlichen Süden, gebe es auch Spannungen zwischen verschiedenen Stämmen. Hinter den Unruhen steckten oft auch Konflikte um Land und Arbeit, die zwischen einheimischen und zugewanderten Ethnien schwelen, betonte der Generalvikar am Donnerstag gegenüber domradio.de.



Zur Versöhnung in Nigeria würde aus Sicht des Generalvikars beitragen, wenn auch von Seiten der Muslime "ein ganz klares Zeichen der Distanzierung" käme. "Es wird immer wieder gesagt, das sei nur eine radikale Gruppe, das sei nicht der Islam und das wäre gut, wenn maßgeblich Verantwortliche im Islam das auch deutlich sagen würden."



Gebet für Christen und Muslime in Nigeria

Besonders wichtig sei es, für die Menschen in Nigeria zu beten, sowohl für Christen als auch für Muslime, für Opfer aber auch für Täter um den Geist der Versöhnung und des Neuanfangs, fügte der Generalvikar hinzu. Er hatte vor vier Jahren Orte in Nigeria besucht, die an Weihnachten von den Anschlägen betroffen waren. Das Erzbistum Köln verbinde eine "gute, enge partnerschaftliche Beziehung" zur Kirche in Nigeria, so seien nigerianische Priester in der Erzdiözese tätig und die Diözesanstelle Weltkirche/ Weltmission stehe in Kontakt zu der Kirche vor Ort.



Erzbischof von Abuja: Muslime sind zum stärkeren Handeln aufgerufen

Das Oberhaupt der Muslime in Nigeria, der Sultan von Sokoto, hatte am Dienstag die Angriffe verurteilt und zur Ruhe aufgerufen. Der katholische Erzbischof von Abuja, John Olorunfemi Onaiyekan, forderte die Führer der Muslime zum Handeln auf. Es reiche nicht aus, sich von den Tätern zu distanzieren und zu erklären, sie gehörten nicht zum wahren Islam. Im Übrigen würde der von Boko Haram angestrebte islamische Staat auch Muslimen nur Unfreiheit bringen. Das zeige das Beispiel Somalia.



Die deutschen Bischöfe hatten am Dienstag ihren nigerianischen Amtsbrüdern ihr Beileid bekundet. In einem in Bonn veröffentlichten Schreiben an die Nigerianische Bischofskonferenz spricht der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, von "feigen Attacken", die in menschenverachtende Abgründe blicken lasse, zu denen Terrorismus fähig sei. Frieden sei möglich, "auch wenn er durch solche Anschläge wie vor drei Tagen ausgehöhlt und durch Fanatismus geschädigt" werden solle.



Bei Bombenanschlägen am ersten Weihnachtsfeiertag waren mindestens 40 Menschen ums Leben gekommen. Zu den Attentaten bekannte sich die islamistische Gruppe "Boko Haram". Der Name bedeutet übersetzt "Westliche Bildung ist Sünde". Die Mitglieder der Gruppe wollen einen radikalislamischen Gottesstaat in Nigeria errichten. Fachleuten zufolge ist der Rückhalt für die Extremisten in dem mit 150 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichsten Land Afrikas allerdings gering. Boko Haram, ursprünglich eine lokale Bewegung fundamentalistischer Islamisten, hat in den vergangenen Monaten mit immer brutaleren Angriffen auf sich aufmerksam gemacht. Die Gruppe hat Verbindungen zum Terrornetzwerk Al-Kaida.