Der Kölner-Dom-Rückblick 2011

Im Jahr der Glocke

Der Decke Pitter ist einer der "Stars" des Kölner Doms. 2011 war er das das Sorgenkind: Das Jahr war noch keine Woche alt, da hing die Petersglocke schon ohne Klöppel da. Doch auch ohne Ton- und Taktgeber im prominenten Kirchengeläut folgten ereignisreiche Monate für die Kathedrale.

Autor/in:
Michael Borgers
Der neue Klöppel ist da! 6 / © Boecker
Der neue Klöppel ist da! 6 / © Boecker

Es gibt viele Wege, wie Menschen das neue Jahr willkommen heißen. In Köln gehört der einzigartige Klang der Petersglocke dazu. Der Klang einer Kirchenglocke, die sich sonst im Jahr rar macht. Es gibt lauteres Kirchengeläut in Deutschland, tieferes nicht. Der "Decke Pitter", so nennen die Kölner sie liebevoll, ist die vielleicht spektakulärste Kirchenglocke der Republik: 24.000 Kilo schwer, ein Durchmesser von mehr als drei Metern, damit ist sie die größte freischwingende der Welt. Spätestens seit diesem Jahr ist sie auch die bekannteste. Als am 6. Januar, am Hochfest der Erscheinung des Herrn, domradio.de als erste Redaktion berichtete: Der "Decke Pitter" hat seinen Klöppel verloren, zogen andere Redaktionen schnell nach. Die Meldung ging um die Welt.



NRW-Gedenkmünze

Um geschmolzenes Metall ging es wenig später auch wieder. Um viele Tonnen Kupfernickel und Messing. Der Kölner Dom zierte in diesem Jahr eine Zwei-Euro-Münze. Eine besondere: die  offizielle NRW-Gedenkmünze. Mit der Gesamtauflage von 30 Millionen Münzen feierte das einwohnerstärkste Bundesland das 65-jährige Jubiläum seiner Gründung. Dompropst Norbert Feldhoff gehörte in Berlin zu den ersten Empfängern - aus der Hand von Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich. Von Euro-Krise konnte diesmal nicht die Rede sein. Und so kommentierte Hausherr Feldhoff ganz selbstbewusst: "Wir sind natürlich der bescheidenen Überzeugung, dass es auch gar kein anderes Bauwerk in Nordrhein-Westfalen gibt, das geeigneter wäre als der Kölner Dom." Schließlich sei der Dom das beliebteste Bauwerk in ganz Deutschland.



Das Dreigestirn zu Besuch

Das beliebteste Bauwerk - und ewige Baustelle, seit dem Mittelalter immer in der Hand der besten Baumeister ihrer Zeit. Barbara Schocker-Werner war seit 1999 die erste Frau an der Spitze der Dombauhütte. Was bis zuletzt Verwirrung um die korrekte Anrede zur Folge hatte: Dombaumeisterin? Frau Dombaumeister? Ab 2012 herrscht hier wieder Klarheit - doch dazu später mehr. Und weiter zweiten großen Kölner K: der Karnevalszeit, zu der inzwischen auch ein Besuch des Dreigestirns der Dombauhütte Mitte Februar gehört. Eine Woche vorher waren Prinz Frank I., Bauer Günter und Jungfrau Reni noch in Rom. Gemeinsam mit Kardinal Meisner wurden sie hier von Papst Benedikt XVI. empfangen.



Hängegerüst am Nordturm

Ende Februar standen die Zeichen schon wieder auf "Decker Pitter". Glockenexperten aus dem Allgäu untersuchten die Unglücksstelle, ehe der 800 Kilo schwere Klöppel abgeseilt und zu den Sachverständigen gebracht wurde. Dass ein neuer her musste, stand zu dem Zeitpunkt schon lange fest. Doch wann das möglich sein würde, nicht. Schneller ging es Anfang März bei der Sanierung des Nordturms. Hier wurde ein neues Hängegerüst installiert. Erinnerungen an ein ähnliches Gerüst am selben Turm wurden wach: ein Gerüst, das 2006 erst nach zehn Jahren abgebaut wurde. Diesmal waren die Arbeiten schon bis Ostern abgeschlossen. Die Petersglocke sollte dann, wie von vielen erhofft, noch nicht wieder läuten.



Dombaumeister Michael Hauk

Alarm schlug im Sommer die scheidende Dombaumeisterin: Der Kölner Dom werde immer häufiger Ziel blinder Zerstörungswut, klagte Barbara Schock-Werner. Bis zu 60.000 Euro Schaden entstünden der Dombauhütte Jahr für Jahr so. Nachts kletterten Menschen an der Fassade des Doms empor, schlügen mit Flaschen große Stücke aus dem Mauerwerk und den Figuren und nähmen die Steine mit nach Hause. Außerdem werde Graffiti gesprüht. Wird der Dom nun eingezäunt? Man denke darüber nach, noch hofft Barbara Schock-Werner auf Besserung. Und falls die nicht kommt, wird sich ihr Nachfolger kümmern müssen: Michael Hauk, der sich gegen 26 Mitbewerber durchsetzte.  Der Steinmetz und Restaurator leitete bislang die Staatliche Dombauhütte am Passauer St.-Stephans-Dom. Bei seiner Vorstellung am 11. Juli - gut ein Jahr vor seinem Dienstantritt - sagte Hauck über seine neue Aufgabe mit Blick auf seine Vorgängerin: "Die Fußstapfen sind groß". Derweil wird bei Karlsruhe der neue Klöppel für die Petersglocke geschmiedet.



Kulturstiftung

Ein mindestens genauso heißes Eisen war mal das Projekt "11.000 Sterne für den Kölner Dom". Vor zwei Jahren vorgestellt von Dompropst Norbert Feldhoff, unterstützt von zahlreichen Prominenten wie Maler Gerhard Richter und Schauspielerin Mariele Millowitsch sowie dem damaligen Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma. Aber abgelehnt vom Kölner Stadtrat. Und ohne den war das Projekt damals nicht möglich. Denn die Sterne sollten auf dem Roncalli-Platz der Domstadt glitzern. Große und kleine Sterne, die gegen große und kleine Spenden ab 5.000 Euro käuflich zu erwerben sein sollten. 2011 wurden dann aber doch die Weichen für die Idee gestellt: Die Sterne landen künftig auf dem Boden vor dem Nordportal. Sie sind ein Teil der Kulturstiftung Kölner Dom. Den Vorstandsvorsitz übernimmt die WDR-Intendantin und ARD-Vorsitzende Monika Piel. Ziel ist die Sicherung des Unterhalts des Weltkulturerbes.



Happy End

Elf Monate nach dem Klöppelbruch ertönt die Petersglocke wieder: Eine niederländische Spezialfirma hat den neuen Klöppel montiert. Rund 600 Kilogramm ist das Stahlstück schwer und etwa 3,20 Meter lang. Schon am Abend des Hochfests der ohne Erbsünde empfangenen Gottesmutter kam das Stahlstück dann auch gleich zu seinem ersten offiziellen Einsatz. Kleine Unstimmigkeiten wurden bis Weihnachten korrigiert. Happy End im Jahr der Glocke.